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Erneut Tote in Usbekistan

■ Ethnische Auseinandersetzungen in Usbekistan dauern an / 12.00O Soldaten in der Republik / Parteisekretär angeschossen

Moskau (afp) - Die sowjetischen Ordnungskräfte haben die seit fünf Tagen andauernden ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Usbeken und Meßcheten, den Angehörigen einer türkischstämmigen Minderheit in der zentralasiatischen Sowjetrepublik Usbekistan, noch immer nicht eindämmen können. Trotz der massiven Präsenz von 12.000 Soldaten des sowjetischen Innenministeriums im Fergana-Becken nahm die Zahl der Opfer auch am Donnerstag weiter zu. Inzwischen haben bei den blutigen Unruhen 77 Menschen ihr Leben verloren. In Kokand waren am Donnerstag sechs Menschen getötet und 90 verletzt worden, als Tausende die Polizeistation stürmten, um an Waffen zu gelangen. Zwischen 500 und 600 Personen griffen auch die Verkehrsabteilung des Innenministeriums in Kokand an, 65 Häuser wurden niedergebrannt und 20 Autos angezündet.

Ein Ende der Konflikte zwischen Usbeken und Meßcheten sei nicht abzusehen, erklärte der usbekische Ministerpräsident Gayrat Kadyrow. Viele Menschen sterben an den Folgen von Verbrennungen. Bei dem Versuch, eine bewaffnete Menschenmenge zu beruhigen, wurde der Erste Parteisekretär von Fergana, Hassan Mamadjanow, durch Schüsse verletzt. Über 600 Menschen sind verletzt, 400 sind festgenommen worden. Die Armee hat die Erlaubnis, zur „Selbstverteidigung“ Waffen zu tragen. Die Pogrome sunnitisch-usbekischer Bauern richten sich gegen die Minderheit der schiitisch-meschetischen Händler, die von Stalin zwangsumgesiedelt worden waren.

Radio Moskau meldete, daß sich die Unruhen auch am Donnerstag weiter ausgedehnt hätten. Einige der Usbeken benutzten beim Angriff auf die Meßcheten Feuerwaffen. Im Fernsehen wurden Einschußlöcher in einen Militär-Jeep und in Verwaltungsgebäude gezeigt. Die Situation in den vom Militär bewachten Lagern, in die die Meßcheten evakuiert wurden, sei aufgrund mangelnder sanitärer Einrichtungen und akuter Lebensmittelknappheit bedenklich.

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