: Erlaß des hypothetischen Freibetrages
■ Höhere Mathematik im Arbeitsamt / Monatelang zu wenig Arbeitslosenhilfe gezahlt
Von denen nehmen, die nichts besitzen – diese Faustregel scheint die Bundesanstalt für Arbeit (BA) seit Beginn des Jahres beherzigt zu haben. Aufgrund eines BA-Erlasses wurde Arbeitslosenhilfe-EmpfängerInnen jedenfalls in den vergangenen drei Monaten weniger Geld ausgezahlt als ihnen gesetzlich zustand. Dies bestätigte das Hamburger Arbeitsamt gestern auf Anfrage. Die Anweisung wurde zwischenzeitlich korrigiert – ob und wie die geprellten HilfeempfängerInnen ihr Geld rückwirkend erhalten, ist noch nicht klar.
Im Dezember –93 schickte die Bundesanstalt den neuen Erlaß an die Landesämter: Davon betroffen sind jedoch nur Arbeitslosenhilfe-EmpfängerInnen, deren LebensgefährtInnen Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Übergangsgeld beziehen. Anders als beim Arbeitslosengeld wird bei der Arbeitslosenhilfe das Einkommen des Partners angerechnet. In welcher Höhe, ist allerdings die entscheidende Frage.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 1992 festgelegt, daß der Freibetrag des Ehepartners dessen „hypothetischer Arbeitslosenhilfesatz“ sein soll – also alles über einem Betrag von 53 Prozent des letzten Nettoeinkommens angerechnet werden kann.
Die Bundesanstalt für Arbeit legte jedoch ein merkwürdiges Verständnis vom Begriff „Nettoeinkommen“ zugrunde. Sie erklärte Arbeitslosengeld (63 Prozent des letzten Nettogehalts) kurzerhand zum Einkommen und rechnete von dieser Lohnersatzleistung wiederum 53 Prozent ab – im Ergebnis ein nicht unerheblicher Unterschied, der die Arbeitslosenhilfe des Partners erheblich reduzieren kann.
Auf diese unrechtmäßige Unterschlagung von Leistungen machte gestern die GAL-Fraktion aufmerksam. Wieviele HamburgerInnen davon betroffen sind, konnte Arbeitsamt-Sprecherin Anja Eisenhuth gestern jedoch nicht sagen. Es könne sich aber nur um „einen Bruchteil“ der insgesamt 22.000 Arbeitslosenhilfe-BezieherInnen handeln.
Der GAL-Abgeordnete Andreas Bachmann empfiehlt den Betroffenen, sicherheitshalber beim Arbeitsamt einen „Antrag auf Rücknahme eines rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsaktes“ zu stellen.
Anja Eisenhuth wandte jedoch ein, daß dies vermutlich nicht nötig sei. Die Nürnberger Bundesanstalt habe für heute eine Erklärung angekündigt, wie mit diesen Fällen verfahren werden soll. Fortsetzung folgt also.
sako
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