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Erhöhung der Mehrwertsteuer umstritten

■ Am Wochenende schien sie kaum noch strittig, jetzt streiten sich die Parteien um eine Anhebung der Verbrauchssteuer. Statistiker prognostizieren Inflationsschub

Bonn (AP/AFP) – Ein Streit um die Erhöhung der Mehrwertsteuer hat die Parteien ergriffen. Rudolf Scharping, Fraktionschef der SPD, sagte gestern in einem Interview, eine höhere Mehrwertsteuer sei Gift für die Nachfrage und damit auch für die Arbeitsplätze. Sinnvoller sei es, gegen Steuerhinterziehung vorzugehen, Steuerschlupflöcher zu schließen und radikal die staatlichen Subventionen abzubauen. So, sagte Scharping, könne eine Senkung der Lohn- und Einkommmenssteuer auch finanziert werden, eine Mehrwertsteuererhöhung bedürfe dies nicht.

Damit kritisierte er auch indirekt seinen SPD-Kollegen Gerhard Schröder. Der niedersächsiche Ministerpräsident hatte am Wochenende eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht ausgeschlossen und gefordert, gleichzeitig müßten Bezieher von geringen und mittleren Einkommen entlastet werden.

In der FDP hatte man zunächst die Mehrwertsteuerdiskussion für „völlig überflüssig“ erklärt. Nun rechnet deren Vorsitzender Wolfgang Gerhardt damit, daß eine Anhebung nicht zu umgehen sein wird. Gestern sagte er, vor den Gesprächen über eine Mehrwertsteueranhebung müsse die CDU allerdings darlegen, wie andere Steuern, etwa die Einkommenssteuer, gesenkt werden sollen. Die derzeitige Diskussion nannte er „psychologisch kontraproduktiv“. Gerhardt tritt allerdings dafür ein, daß wesentliche Teile der geplanten Steuerreform früher als 1998 umgesetzt werden sollen. Noch vor der Bundestagswahl will er den Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer von derzeit 53 Prozent auf 40 Prozentpunkte festschreiben. Diese Frage habe Priorität, sagte er.

Bundeskanzler Kohl hält eine Mehrwertsteueranhebung ja für unumgänglich. Gestern hielten einige CDU-Abgeordnte aber kleine Hürden für den Chef parat. Der Arbeitnehmerflügel der CDU fordert eine sogenannte Luxussteuer. Etwa 20 Prozent soll auf den Preis von Sportwagen oder teuerem Schmuck aufgeschlagen werden. Solche Überlegungen wies ein Sprecher des Finanzministerium zurück. Eine Luxussteuer sei mit dem geltenden EU-Recht nicht vereinbar.

Zur Frage der Mehrwertsteueranhebung meldete sich gestern auch das Statistische Bundesamt zu Wort. Eine Anhebung würde voll in die Preisentwicklung mit eingerechnet werden, hieß es. Da jedoch bestimmte Bereiche wie Mieten nicht davon betroffen seien, verteuere sich der gesamte Waren- und Dienstleistungskorb um etwa die Hälfte der Steueranhebung. Diese Erfahrung habe man bei der letzten Anhebung 1994 gemacht.

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