: Erfolg?
Es gibt in der Geschichte der Geheimdienste Erfolge zu verzeichnen – aber die sind in der Regel zweifelhafter Natur: So vertraute Josef Stalin nicht den Informationen aus mehreren Geheimdienstquellen, wonach Nazideutschland im Sommer 1941 die Sowjetunion angreifen würde.
Der Sowjetdiktator verließ sich eher auf sein Gefühl, was Hunderttausenden, wenn nicht Millionen seiner Soldaten das Leben kostete. Später akzeptierte er nur noch Geheimdienstinformationen, die ihm passten. Günter Bohnsack, ehemaliger Oberstleutnant der Stasi, berichtet, dass auch Honecker und Konsorten zunehmend nur noch geschönte Informationen von den Diensten erhalten wollten.
Solches Wegschauen pflegte auch der Westen: Bis in die Achtzigerjahre gab es in der Bundesregierung Tendenzen, Berichte der Nachrichtendienste über die Instabilität der DDR zu verharmlosen, ja zu verdrängen, da sie nicht ins politische Konzept passten, so der Marburger Historiker Wolfgang Krieger. Ebenso international: Nach Auskunft des Berliner Politologen und Spionageexperten Bodo Wegmann war den westlichen Diensten klar, dass eine Invasion der UdSSR in Afghanistan Ende 1979 bevorstand – aus politischen Gründen aber wurde nichts unternommen.
Immer machten Ideologie oder Unvermögen die Chancen korrekter Geheimdienstinformationen zunichte: Der in den Westen getürmte Stasiagent Werner Stiller berichtet, wie gut die Stasi über das Geschehen in der westdeutschen Regierung Bescheid wusste: „Das war nicht so schwer. Bonn ist ’ne Schwatzbude.“ Ein richtiges „Dilemma“ aber habe es gegeben, da die DDR-Führung von „Mischa“ Wolf & Co. Informationen über die aggressiven Kriegs- und Kernwaffenpläne der westdeutschen Imperialisten verlangte – doch wie sollte man Pläne liefern, die es einfach nicht gab?
Stiller wusste nach eigenen Angaben, welche Mitarbeiter des AKW Philippsburg nach der Eroberung Westdeutschlands zu verhaften seien. Doch wozu diese Information? Die kompletten Pläne des Flugzeugs Concorde habe sein Geheimdienst ausspioniert. Aber zu einem Nachbau habe die DDR die Kapazitäten nicht gehabt. Das geplante IBM-Betriebssystem etwa habe die Stasi sogar schon Jahre vor der Einführung gekannt – dennoch sei die DDR-Computerindustrie der westlichen Technologie stets meilenweit hinterhergehinkt.
Viele „Erfolge“ der Dienste erweisen sich im Nachhinein eher als Spielerei: Er habe es geradezu als Privileg empfunden, in der „stinklangweiligen DDR mit ihrer stinklangweiligen Presse“ seine Artikel im Stern gedruckt zu sehen, prahlt Exstasioffizier Bohnsack. Einer der Höhepunkte ihrer Desinformation der westlichen Öffentlichkeit sei eine offizielle Resolution der Organisation blockfreier Staaten gewesen: Sie übernahm das Stasiammenmärchen vom Ursprung des Aids-Virus aus US-Militärlabors.
Oder wurden die Erfolge der Dienste einfach nicht publik? Krieger verweist darauf, dass im KGB-Archiv fast jedes wichtige Nato-Dokument kopiert vorliege. Eingesetzt „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, so Stiller, sei „Spionage sehr effektiv“. Dass das Misstrauensvotum gegen Willy Brandt im April 1972 scheiterte, habe an Stasischmiergeldzahlungen gelegen. Bei den Skandalen über die NS-Vergangenheit westdeutscher Politiker wie etwa Lübke, Globke und Filbinger habe die Stasi durch Infos an die Presse entscheidend mitgespielt. Nur: Haben diese Interventionen der Bundesrepublik wirklich geschadet? GES
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