: Erfolg programmiert?
■ Die Berliner Sparkasse wartet mit einem neuartigen „VereinsService“ auf
Rund eine Milliarde Mark wird die bundesdeutsche Wirtschaft in diesem Jahr in unseren Spitzen- und Leistungssport investieren. Potente Sponsoren wie Opel gehen dabei Steffi Graf zur Rückhand oder stillen, siehe „Müller Milch“, den Torhunger unserer Fußballer-Nationalelf. Reich zu reich gesellt sich gern, alles wie gehabt. Hauptsache, beide Parteien profitieren davon. Im Fachjargon nennt sich dies „positiver Imagetransfer“. Ganz andere Wege schlägt hingegen die sieche- und fusionswillige Berliner Sparkasse ein. Sie hofiert die vernachlässigte Basis. Vielleicht, weil mit dem Berliner Spitzensport ohnehin nicht gut werben ist.
„Wenn Ihrem Verein der Verwaltungsaufwand über den Kopf wächst: VereinsService“, lockt das Geldinstitut den ortsansässigen Breitensport mit ganzseitigen Anzeigen und einem schmucken Hochglanzprospekt. Ein verdammt geschickter Schachzug. Denn: welcher Vereinsmeier klagt nicht gen Himmel, wenn er des nachts über unaktuellen Mitgliederkarteien, schrägen Beitragstabellen oder konfusen Portokassen brütet.
Die Offerte der Geldburg, diese enervierenden Hausaufgaben zentral abzuwickeln oder den Vereinen bei der Computerisierung ihres Managements zu helfen, kommt da wie gerufen. Der Dank der Clubchefs und Mitgliedermassen wird die Sparkasse ewig verfolgen. Im Gegenzug darf sie sich freilich auch ein dickes Plus auf ihrer Habenseite verbuchen: soziale Akzeptanz - gestiegen; Profilierung der Handelsmarke - verbessert; neue Zielgruppen - erschossen (ach nee: erschlossen. sezza). Oder?
„Keine Ahnung, warum wir das anbieten. Wahrscheinlich, weil wir den Vereinen helfen wollen“, formuliert Herr Schulze, Öffentlichkeitsarbeiter der Sparkasse, etwas unsicher ins Telefon. Er gibt an, daß sich bereits „zahlreiche Groß- und Kleinvereine“ auf das neuartiger Programm gemeldet haben: „Namen darf ich allerdings nicht nennen - das fällt unter das Bankgeheimnis. Der Bedarf für unser Programm ist aber ziemlich groß.“ Schulze muß es wissen. Schließlich führen viele Clubs ihr Konto bei der Sparkasse, die betriebswirtschaftlichen Schwächen der handgemachten Vereinsstatistiken sind bekannt. Darüber hinaus kennen hauseigene Angestellte, die organisiert ihren Leib ertüchtigen, die Schwachstellen der Kassenführung aus eigener Erfahrung. Deshalb dient die Umstellung auf Computer „beiden Seiten“, folgert Schulze, auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis die Software mit neuem Vereinsleben gefüllt wird.
Jürgen Schulze
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