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Archiv-Artikel

Erfolg für Kurdenpolitikerin Leyla Zana

Türkisches Gericht hebt Urteile auf. Verfahrensfehler bei Bestätigung der Haft bemängelt. Fall wird neu aufgerollt

ISTANBUL taz ■ Das Gerichtsverfahren um die kurdisch-türkische Politikerin Leyla Zana und ihre Freunde wird nun zum dritten Mal aufgerollt. Das Oberste Revisionsgericht in Ankara hob gestern das letzte Urteil auf, das die 15-jährige Haftstrafe der Exabgeordneten bestätigt hatte. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg hatte die Wiederaufnahme des Verfahrens gefordert. Daraufhin hatte das Istanbuler Staatssicherheitsgericht die kurdischen Politiker erneut zu 15 Jahre Haft verurteilt. Die kurdischen Politiker Leyla Zana, Orhan Dogan, Hatip Dicle und Sirri Sadak befinden sich bereits seit sechs Wochen auf freiem Fuß.

Der Beschluss, das letzte Urteil nicht anzuerkennen, fiel einstimmig. Damit geht das Verfahren zurück nach Istanbul, wo ein ziviles Strafgericht zuständig sein wird, da Staatssicherheitsgerichte abgeschafft sind.

Zur Begründung nannten die Revisionsrichter eher verfahrenstechnische als inhaltliche Gründe: Die Verteidigung sei nicht ausreichend angehört, manche Zeugen nicht vorgeladen und Tonbandaufnahmen als Beweisstücke nicht durch unparteiische Experten entschlüsselt worden. Auch der Forderung der Verteidigung, den vorsitzenden Richter wegen Befangenheit abzusetzen, hätte das Staatssicherheitsgericht ohne ausreichende juristische Begründung abgelehnt.

Die Wiederaufnahme ihres Verfahrens bedeutet einen weiteren Erfolg für Zana und ihre Freunde, aber auch für den türkischen Rechtsstaat insgesamt. Während gestern offizielle Stellungnahmen ausblieben, kommentierten die Verteidiger und Freunde Zanas das Urteil wohlwollend. Der Mitangeklagte Hatip Dicle sagte, damit hätte die Türkei eine weitere internationale Auflage erfüllt.

Unterdessen kämpft die PKK/Kongra-Gel trotz kultureller Verbesserungen zugunsten der Kurden – wie des Beginns kurdischsprachiger Sendungen im türkischen Staatsfernsehen – weiter. Allein gestern wurden bei Gefechten im Osten des Landes sechs PKK-Kämpfer und zwei Soldaten getötet.

Gegen kurdische Unabhängigkeitsbestrebungen vereinbarten die Türkei und der Iran gemeinsame sicherheitspolitische Maßnahmen. Ein entsprechendes Abkommen soll Ende Juli während eines Teheran-Besuchs des türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan unterzeichnet werden. Auch mit dem syrischen Premier einigte sich Erdogan vor zwei Tagen für ein gemeinsames Vorgehen gegen die kurdischen Aufständischen.

DILEK ZAPTCIOGLU