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Erfahrener, aber nicht klüger

■ Alice Ströver löst Albert Eckert nach der Wahl als kulturpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen ab

Personalwechsel bei Bündnis 90/Die Grünen nach der Wahl: Nach sechs Jahren im Abgeordnetenhaus gibt der kulturpolitische Sprecher Albert Eckert sein Amt auf. Nachfolgerin des 34jährigen parteilosen Diplom-Politologen wird seine Vorgängerin: Die 40jährige Kommunikationswissenschaftlerin Alice Ströver war bereits von 1981 bis 1988 kulturpolitische Sprecherin der Partei.

Eckert, der in Tübingen und Berlin Politologie, Germanistik, Psychologie und Philosophie studierte, kam über sein Engagement in der bürgerrechtsbewegten Humanistischen Union zur Politik. Um den gebürtigen Münchner, der unter der rot-grünen Koalition auch Schwulenpolitik machte, für Kulturpolitik zu interessieren, bedurfte es seinerzeit des sanften Drucks der Fraktion. Sein eigentliches Arbeitsfeld war damals ein anderes – bis heute ist er auch rechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen. Doch inzwischen glaubt Eckert, daß Kulturpolitik „zu den spannendsten Politikfeldern überhaupt zählt“.

Als kulturpolitischer Sprecher hat sich Eckert auch bei den übrigen Fraktionen Respekt verschafft. Besonders stolz ist er, daß der Verein Kunst und Knast, den er mitbegründen half, unlängst sein fünfjähriges Jubiläum feiern konnte. Dennoch: „Ich habe das Bedürfnis, mal ein bißchen ausführlicher über Dinge nachzudenken, Texte nicht nur diagonal, sondern Zeile für Zeile zu lesen.“ Die Beschäftigung mit Politik, so Eckert, mache einen erfahrener, „aber nicht unbedingt klüger“. Wunschziel des Ex-Kulturpolitikers ist, jetzt erst mal noch ein bißchen „rumzustudieren“. Nach Möglichkeit will er sich in den USA näher mit dem Fach „Politikberatung“ beschäftigen.

Mit Alice Ströver hat Eckert eine kompetente Nachfolgerin, deren politischer Weg ähnlich verschlungen verlief: Ströver gründete 1981 den Arbeitskreis Medien, kündigte den Job 1988, „um mal etwas anderes zu machen“. Anschließend baute sie das Bildungswerk des Berufsverbandes Bildender Künstler auf. Sie ist seit langen Jahren Mitglied im Rundfunkrat des SFB, bereitete in dieser Funktion die Gründung des MultiKulti-Senders SFB 4 vor, ihrer Meinung nach „ganz klar auch eine kulturpolitische Maßnahme“. Falls sie, was wahrscheinlich ist, am 22. Oktober in das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt wird, will sie ihren Sitz im Rundfunkrat aufgeben. Ulrich Clewing

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