: Erdgas direkt aus Algerien
■ Spanien bezieht algerisches Gas und macht so weitere AKW überflüssig
Madrid (taz) – Das ehrgeizigste Projekt des spanischen Erdgasversorgers Enagas Gas Natural geht in den Endspurt. In den kommenden Wochen werden die Verbraucher auf der Iberischen Halbinsel direkt an die Gasfelder Algeriens in Hassi R'mel angeschlossen. Eine 1.370 Kilometer lange Pipeline für 2,1 Milliarden Dollar macht's möglich.
Herzstück des Projektes sind die 45 Kilometer auf dem Grund der Meerenge von Gibraltar, die im Dezember 1994 fertiggestellt wurden. Es handelt sich um die zweittiefste Gasleitung der Welt nach der Pipeline, die den Maghreb via Sizilien mit Europa verbindet. 220 Millionen Dollar verschlang allein dieses Teilstück.
Erdgas hat Zukunft. Die im Vergleich zu Kohle oder Erdöl umweltverträglichere Verbrennung sowie die reichhaltigen Vorkommen ließen in den letzten Jahren den Konsum in Europa von 20,5 Prozent auf 23 Prozent anwachsen. Für die nächsten Jahre wird weltweit ein Nachfragezuwachs von 40 Prozent erwartet. Spanien liegt mit nur 6 Prozent Erdgasanteil an der Primärenergie weit unter dem Schnitt. Gerade dies ermöglicht Enagas eine Wachstumsrate wie sonst nirgends in Europa.
Dem nationalem Energieplan der Regierung in Madrid zufolge soll sich der Verbrauch bis zum Jahr 2000 verdoppeln. Ein gewollter Wandel: So wurden im letzten Jahr fünf AKW, die sich bereits im Bau befanden oder geplant waren, endgültig aus dem nationalen Energieplan genommen. Bis Ende des Jahrhunderts sollen 3.000 Industriebetriebe und jeder vierte Haushalt an das Erdgasnetz angeschlossen werden. Die klassische orange Butangasflasche, mit der bisher die meisten Familien kochen und duschen, gehört bald der Vergangenheit an.
Abgerundet wird das Geschäft durch die Beteiligung Portugals. Für die spanischen Enagas bedeutet dies in erster Linie Kostenminimierung. Durch die Verzweigung Córdoba–Lissabon wird das spanische Gasnetz geschlossen und erreicht alle Regionen. Im Norden wird es in Perpignan an das französische Netz und somit an Zentral- und Osteuropa angeschlossen. Ein Kooperationsvertrag mit Paris in Sachen Algeriengas ist in Bearbeitung. Reiner Wandler
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