KOMMENTAR: Erbärmlich
■ Obernheide-Frauen müssen Flug zum KZ selber zahlen
Der Bremer Senat machte ja eine gute Figur in der letzten Woche, als Gastgeber der früheren Zwangsarbeiterinnen aus dem KZ Obernheide: Ein Essen im Rathaus, ein Führung durch die Innenstadt, sogar die Senatsbarkasse für eine Weserfahrt hat er ihnen geliehen. Da mochte schon niemand mehr daran erinnern, daß der steinreiche Bremer Getreidehändler Kurt A. Becher auch im Rathaus ein und ausgeht, zum Beispiel als Gast des alljährlichen Schaffermals. SS-Becher war in Ungarn Mitarbeiter Adolf Eichmanns, als die „Frauen von Obernheide“ via Auschwitz nach Bremen verschleppt wurden.
Jetzt zeigt der Senat, wo die Grenzen seiner Gastfreundschaft liegen: beim Geld. Nur zehn dem Holocaust Entkommene werde er einladen, hatte er von Anfang an dem „Komitee der Überlebenden“ klargemacht. Wer zusätzlich komme, müsse die Kosten selber tragen. 22 Häftlinge und Angehörige kamen – auf eigene Kosten. Die meisten aus Ungarn, wo eine Flug-oder Bahnkarte für das westliche Ausland besonders teuer ist. Was muß eine ZwangsarbeiterIn im Dritten Reich geleistet und erlitten haben, damit sein Nachfolgestaat ihr ein Flugticket zum früheren KZ schenkt?
Michael Weisfeld
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