Enttäuschendes Ende der COP27: Mit Vollgas Richtung Klimahölle

Der größte Erfolg von Scharm al-Scheich war, dass es keine Rückschritte gab. Das illustriert, wie jämmerlich die Klimapolitik auf globaler Ebene ist.

Eine Frau mit Mundschutz hält ein Banner auf dem steht: Pay up, Clean up, Shut up

Bitterer Geschmack bleibt nicht nur bei den Demonstranten nach der COP27 Foto: AP Photo/Peter Dejong

Die COP27, die nun quälend spät zu Ende gegangen ist, war in vielen Belangen historisch: Zum ersten Mal wurde ein Fonds für die Hilfe bei Klimaschäden beschlossen. Zum ersten Mal hat eine Präsidentschaft, die ägyptische, alle Ausgewogenheit einer UN-Konferenz missachtet, die Sicherheitsregeln gebrochen, die Menschenrechte geknebelt und die Konferenz an den Rand des Abbruchs getrieben. Und zum ersten Mal hat die EU versucht, beim Klima als ernst zu nehmender Player zu agieren – und ist damit nur halb erfolgreich gewesen.

Nicht zum ersten Mal jedoch hat die Konferenz leider mal wieder eine ganze Reihe von Chancen verpasst, die Klimakrise wirklich anzugehen: einen entscheidenden Ausstieg aus allen fossilen Energien zu beschließen, die Subventionen zu kürzen, die Erneuerbaren massiv auszubauen, die Wälder wirklich zu schützen – nicht nur Ankündigungen, sondern ernsthafte Ziele und Kooperationen. All das hat es viel zu wenig gegeben und der Weg in die Heißzeit ist weiter vorgezeichnet.

Der größte Erfolg von Scharm al-Scheich war – neben dem Fonds für Klimaschäden, der eine wirkliche Errungenschaft ist, die kaum jemand erwartet hatte – die Tatsache, dass es keine Rückschritte gegenüber den Beschlüssen von Glasgow 2021 gab. Das illustriert, wie jämmerlich unzureichend die Klimapolitik auf globaler Ebene ist. Bei allen Fortschritten bei den Erneuerbaren und bei regionalen Erfolgen sind wir weiter auf einem „Highway in die Klimahölle“, wie UN-Generalsekretär António Guterres zu Beginn der COP warnte. Und wir freuen uns darüber, dass es nicht noch schlimmer wird – anstatt endlich irgendwann damit anzufangen, tatsächlich die Emis­sio­nen radikal zu senken, wie es die Wissenschaft fordert.

Denn auch das galt als Erfolg von Scharm al-Scheich: Die 1,5-Grad-Grenze wurde verteidigt. Das heißt, sie wurde nicht verteidigt. Was für erfolgreich gehalten wurde, war der Beschluss, die 1,5 Grad bis 2100 nicht zu überschreiten. Ob das naturwissenschaftlich noch machbar ist oder nicht, ist fast nachrangig. Es ging um den politischen Beschluss. Es verschleiert aber, dass die wirkliche Gefahr für die 1,5-Grenze nicht so sehr von denen ausgeht, die die Beschlüsse zurückdrehen wollen. Sondern von denen, die weder die Beschlüsse fassen noch die Politik machen, damit die Emissionen so radikal sinken können, wie es nötig ist.

Die sitzen nicht nur in China oder Saudi-Arabien, sondern überall da, wo gegen radikale und schnelle Klimapolitik Front gemacht wird. Denn nur so lässt sich beim Abbiegen vom Highway Richtung Klimahölle noch die Kurve kriegen. Die Ausfahrt Scharm al-Scheich haben wir verpasst. Mit Vollgas.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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