: Entspannung in Vilnius?
■ Noch keine Einigung zwischen Gorbatschow und Prunskiene Moskau entsendet Spezialeinheiten nach Estland und Lettland
Moskau (ap) - Das überraschend zustande gekommene Gespräch der litauischen Ministerpräsidentin Prunskiene mit dem sowjetischen Präsidenten Gorbatschow hat dem Konflikt zwischen Litauen und Moskau zwar die Schärfe genommen, ihn aber noch nicht beigelegt. Gorbatschow wiederholte am Freitag am Rande eines Treffens mit US-Außenminister James Baker, man sei bereit, über alle strittigen Fragen zu reden, wenn Litauen sich bei seinen Unabhängigkeitsbestrebungen an das in der sowjetischen Verfassung vorgesehene Verfahren halte.
Es war das erste Mal seit Litauens Unabhängigkeitserklärung am 11.März, daß Gorbatschow Vertreter der neuen Republik empfing. Frau Prunskiene bezeichnete die Begegnung am Donnerstag abend als erfolgreich.
Das litauische Parlament hatte am Mittwoch den Boden für das Treffen bereitet, indem es Moskau anbot, die nach der Unabhängigkeitserklärung verabschiedeten Gesetze auszusetzen, wenn die sowjetische Regierung Verhandlungen zustimme. Frau Prunskiene überbrachte Gorbatschow diese Entschließung persönlich. Gorbatschow und Ryschkow erklärten der Regierungschefin laut 'Tass‘, das Angebot trage nicht der sowjetischen Hauptforderung Rechnung, daß die litauische Unabhängigkeitserklärung rückgängig gemacht oder zumindest auf Eis gelegt werde. Dies habe auch für die verabschiedeten Folgegesetze zu gelten. Beide Politiker hätten allerdings betont, mit dem Kompromißangebot seien „gewisse Schritte zur Normalisierung der Lage“ gemacht worden.
Gestern ordnete indes das sowjetische Innenministerium die Entsendung von Spezialeinheiten nach Estland und Lettland an. Sie sollen den Innenministerien der Republiken „bei der Vermeidung von Zusammenstößen und dem Schutz von Anlagen helfen“.
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