Entscheidung zu Wahlrechtsreform: Linke freut sich über Teilerfolg
Linke und Union loben das Verfassungsgerichtsurteil zur Wahlrechtsreform. Die Ampel-Regierung sieht sich zumindest teilweise bestätigt.
Die Grundmandatsklausel sieht vor, dass bei der Sitzverteilung auch Parteien berücksichtigt werden können, die weniger als fünf Prozent der abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben. Voraussetzung soll nach der Entscheidung wie vor der Reform sein, dass die Parteien mindestens drei Direktmandate erzielt haben. Von der Grundmandatsklausel profitierte bei der Wahl von 2021 die Linkspartei, die dadurch in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen konnte.
Lötzsch nannte eine Streichung der Grundmandatsklausel in der ARD „demokratisch überhaupt nicht akzeptabel“. Die „Entwertung der Erststimme“ sei ein „sehr, sehr großes Problem“. Wenn die Wählerinnen und Wähler in einem Wahlkreis einen Kandidaten oder eine Kandidatin mehrheitlich wählen würden, „kann man diesen Menschen nicht erklären, warum diese Person nicht im Bundestag vertreten sein soll“, argumentierte die Linken-Politikerin, die bei den vergangenen sechs Bundestagswahlen das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Berlin-Lichtenberg gewann.
Auch die Union wertet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrecht als Schlappe für die Ampel-Regierung. Der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings sprach am Dienstag im Deutschlandfunk von einer großen Niederlage der Ampel wegen der Verschärfung der Fünf-Prozent-Klausel. Die CSU-Expertin Andrea Lindholz sagte RTL/ntv, es sei richtig, dass das Gericht die von der Ampel geplante Aufhebung der sogenannten Grundmandatsklausel gestoppt habe. „Ich bin sehr froh, dass das Bundesverfassungsgericht kleine Parteien, regionale Parteien wie auch die CSU damit stärkt.“
Lindholz kritisierte, es sei der Demokratie schädlich, wenn Kandidaten einen gewonnenen Wahlkreis anschließend nicht im Bundestag vertreten dürften. „Wenn man das wegnimmt, dann zerstört es auf Dauer das Vertrauen.“
Ampel sieht Reform-Herzstück weiter schlagen
Vertreter der Bundesregierung begrüßten, dass das Bundesverfassungsgericht hingegen die sogenannte Zweitstimmendeckung für verfassungsgemäß erklärt hat. Dabei geht es um eine Änderung, wonach Direktmandate in Wahlkreisen künftig durch eine ausreichende Zahl an Zweitstimmen der Parteien gedeckt sein müssen. Dies kann dazu führen, dass einige Direktkandidaten trotz eines Siegs in ihrem Wahlkreis künftig nicht mehr im Bundestag vertreten sind. Das Karlsruher Gericht habe „das Herzstück der Wahlrechtsreform bestätigt“, erklärte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle am Dienstag. Die Entscheidung sei „im Wesentlichen eine Bestätigung des neuen Wahlrechts. Denn in der entscheidenden Frage der Verkleinerung des Bundestages bestätigt das Urteil die Reform voll und ganz.“
Ähnliche Äußerungen gab es auch von SPD und Grünen: Die Verkleinerung des Deutschen Bundestags auf 630 Abgeordnete sei „vollbracht und verfassungsgemäß“, erklärte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese. „Damit haben wir als Regierungskoalition etwas geschafft, an dem eine 16 Jahre unionsgeführte Regierung insbesondere aufgrund der Weigerung der CSU gescheitert ist.“
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Till Steffen, sprach von einem „großen Erfolg“, der „gegen den erbitterten Widerstand insbesondere der CSU durchgesetzt“ worden sei. „Rechtzeitig für die nächste Bundestagswahl haben wir Klarheit. Diese Entscheidung schafft Stabilität für das Wahlrecht.“
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