: Endlich wieder ganz wichtig
Die Bundes-CDU genießt den Triumph in den Ländern. Der Machtkampf zwischen Merkel und Koch wird die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl 2006 bestimmen
BERLIN taz ■ Je erfolgreicher eine Partei, desto geschwinder ihr Generalsekretär. Laurenz Meyer erscheint sehr schnell auf der Bühne in der CDU-Zentrale in Berlin. „Das ist ein Supertag für die Union“, sagt er keine halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale. Was er meint: Die Macht ist zurückgekehrt ins Adenauer-Haus.
Man erkennt das zunächst einmal an den Fragen der Reporter an den CDU-Generalsekretär. Nach Monaten im Windschatten einer desaströsen Bundestagswahl muss Meyer nun nicht mehr zu innerparteilichen Bagatellen Stellung nehmen, sondern darf mitreden bei der Verteilung des höchsten Amtes im Staat: Will die Union den nächsten Bundespräsidenten stellen? Geschickt hatte Meyer schon am Tag vor den Wahlen den Anspruch der Union auf Mitsprache bei der Kür des nächsten Präsidenten angemeldet. Da kann er sich heute gut zurückhaltend geben: „Wir werden natürlich sehr genau ausrechnen, was das für die nächste Bundesversammlung heißt.“ Eine Rüge teilt er in Richtung München aus, wo CSU-Chef Edmund Stoiber sich für eine Frau im Schloss Bellevue ausgesprochen hatte. Meyers Chefin Angela Merkel kann das gar nicht passen, denn sie möchte mit dem Frauenbonus 2006 Kanzlerin werden – und zweimal hievt die Union keine Frau nach ganz oben. „Das Geschlecht ist nicht das Wichtigste“, sagt Meyer.
Die ausführlichen Erörterungen der eher fernen Präsidentenfrage zeigt, was aus Berliner CDU-Sicht das wichtigste Ergebnis der gestrigen Doppelwahl ist: Wir dürfen wieder mitreden, die Schmach der Bundestagswahl ist getilgt. So lautet Merkels Botschaft des Abends: „Wir haben gezeigt, wir können im Norden und im Süden gewinnen.“ Am 22. September hatte es im Norden noch gemangelt. Auch der Generalsekretär Meyer triumphiert: „Die Union hat gezeigt, wir sind nicht die Südpartei.“
Und die ewige Konkurrenz zwischen Merkel und dem strahlenden Wahlsieger von Hessen, Roland Koch? Bis zur Nominierung eines Kanzlerkandidaten für 2006 wird ihr Kräftemessen nun das Binnenverhältnis der CDU bestimmen. Klug vermeidet Merkel am Sonntag jeden Seitenhieb, sie vereinnahmt Kochs Erfolg für sich. Die ersten Getreuen springen ihr bereits bei. Ost-Ministerpräsident Milbradt: „Der Kurs der Parteiführung in Berlin ist gestärkt, Frau Merkel ist gestärkt.“ Koch selbst sagt in Wiesbaden, er habe einen Auftrag für fünf Jahre „und ich gehe daran, ihn zu erfüllen“. Ob er ihn in Wiesbaden zu beenden gedenkt oder in Berlin, lässt er offen. PATRIK SCHWARZ