■ Auf der Jagd nach Ladendieben: Endlich Petzen!
Heute begann der Tag wirklich gut. Die Einzelhändler starten eine Offensive gegen den Ladendiebstahl, hörte ich im Radio. Sie wollen die Kunden zu Partnern bei der Klaubekämpfung erziehen, alles nach dem Motto „viele Augen sehen mehr“, und weil wir alle in einem Boot sitzen, wegen der entgangenen Steuern. Bravo, habe ich mir gedacht, endlich wird die Lust zur Denunziation belohnt, bis jetzt war man ja als Petzer echt schlecht angesehn. Und kompliziert war das auch, denn man mußte ja vor der Polizei den eigenen Namen nennen, das brachte nur Ärger ein. Außerdem war's irgendwie peinlich, die Blockwartsmentalität rauszuhängen, wo sie doch gerade durch vierzig Jahre sozialdemokratischen Unterricht wegsozialisiert war. Da hat's mein Onkel wirklich besser, der hat als ehemaliger freier Mitarbeiter der Firma Horch und Guck noch Übung. Aber das läßt sich einholen, schließlich ist schon fast zusammengewachsen, was zusammengehört. Den Mißgriff beim ersten Fronteinsatz im Supermarkt allerdings muß ich noch verdauen. Ich also heute früh voll ran an die Frau in der Lippenstiftabteilung: Sicher aus Zehlendorf, habe ich mir gedacht, so wie die aussah. Punks, die Schokolade einsacken, sind nur was für Anfänger. Na ja, jedenfalls packte die Schöne zwei Stifte in die Tasche, auf dem Weg zum Filialleiter habe ich geschaut, 7,95 Mark das Stück. Da muß doch auch eine Belohnung für mich drin sein, dachte ich, denn da hing ein dickes Schild: 50 Mark Strafe für jeden Klau. Aber dann war nichts, so ein Mist, die Frau war Verkäuferin in dem Laden, ist nur mal wegen ihres miesen Lohns nach der Schicht auf Entschädigungstour gegangen. Mit einer Prämie war deshalb nichts. Na ja, aller Anfang ist schwer. Und morgen ist auch noch ein Tag. Schnucki Schnüffler
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