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Ende der Cowboy-Ära

Das Ausscheiden von NFL-Titelverteidiger Dallas aus den Play-offs markiert eine Wachablösung  ■ Von Thomas Winkler

Am Ende lag alles an Troy Aikman. Der Quarterback war der letzte der vier Superstars der Dallas Cowboys, der den amtierenden Super-Bowl-Gewinner noch retten konnte. Die Carolina Panthers führten im NFL-Viertelfinalspiel mit 23:14. Die Cowboys brauchten einen Touchdown, und sie brauchten ihn schnell. Also machte es wenig Sinn, Emmitt Smith, den erfolgreichsten Running Back der letzten Jahre, laufen zu lassen.

Doch Aikman fehlte seine liebste Anspielstation, denn Paßempfänger Michael Irvin stand da bereits in einem seiner schnieken Anzüge am Spielfeldrand, den rechten Arm in einer Schlinge, da er sich schon im zweiten Spielzug einen Schlüsselbeinbruch zugezogen hatte. Und auch Deion Sanders, bester Paßverteidiger der Liga und außerdem noch Aushilfspaßfänger in der Offensive, war kurz zuvor mit einer Kopfverletzung aus dem Ericsson-Stadion zu Charlotte getragen worden.

Diese vier Spieler machen nahezu allein die Stärke der Cowboys aus, das wurde plötzlich unübersehbar. Selten wohl leistete sich Dallas so viele Straßen wegen dummer Fehler, war die Abwehr so überfordert und wirkte der Angriff so schwunglos. Als es darauf ankam, wurden nicht nur die besten Pässe Aikmans fallen gelassen. Aikman selbst, der höchstdekorierte unter den noch aktiven Quarterbacks, Traum einer jeden amerikanischen Schwiegermutter, warf den Ball gleich zweimal in die Arme von Gegnern und beendete so alle Hoffnungen der Cowboys, doch noch zu der Form zu finden, die sie in den letzten vier Jahren dreimal zum NFL-Meister gemacht hatte. Die Panthers gewannen 26:17, und der amtierende Meister war ausgeschieden.

Doch Dallas ist nicht das einzige Team, das sich wohl auf Dauer von alter Souveränität verabschieden muß. Auch die Buffalo Bills und die San Francisco 49ers, die beiden anderen dominierenden Teams der 90er Jahre, sind raus aus den Play-offs. Im Halbfinale stehen außer den als Mitfavoriten gehandelten Green Bay Packers nur Teams, die als krasse Außenseiter die Saison begannen. Neben den New England Patriots, die den Vorjahresfinalisten Pittsburgh Steelers mit 28:3 demontierten, überraschten vor allem die beiden Expansionsteams, die Jacksonville Jaguars und eben die Panthers.

Erst vor der letzten Saison in den NFL aufgenommen, ist nun theoretisch sogar eine Super-Bowl möglich, in der die beiden Klubs mit der kürzesten Geschichte der Liga aufeinandertreffen. Den schnellen Aufstieg der beiden Neulinge machten zum einen bessere Bedingungen als bei früheren Liga-Vergrößerungen möglich: So durften die Funktionäre aus Jacksonville und Carolina sich beim ersten Draft in ihrer Geschichte mehr College-Spieler aussuchen als die etablierten Teams. Aber auch die geänderten Rahmenbedingungen des Geschäfts trugen dazu bei: Dank der erst vor wenigen Jahren in der NFL eingeführten Free Agency, der Möglichkeit für Spieler, nach ihrem Vertragsende ohne Beschränkungen den Verein zu wechseln, war es möglich, auch erfahrene Spieler zu verpflichten.

Andererseits hat die Free Agency die Gehälter für die Spitzenleute explodieren lassen, weil die Klubs ihre Stars mit hochdotierten Langzeitverträgen an sich binden wollten. Entsprechend wenig Geld blieb für den Rest der Mannschaft. So soll in Dallas mehr als die Hälfte der Mannschaft nur das von der Liga vorgeschriebene Mindestgehalt von 275.000 Dollar jährlich verdienen. Dallas oder auch San Francisco waren deshalb in den letzten Jahren von einer steten Erosion betroffen, und bisher schwächere Klubs konnten sich mit den überdurchschnittlich guten Spielern ihrer stargespickten Konkurrenten verstärken.

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