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■ DaumenkinoEmma

Emma ist einfach reizend. Jung, hübsch, gebildet und zu jedermann freundlich – ja, mehr noch, sie ist so gutmütig, daß sie selbst für die letzte Bauernliese und den aufgeblasensten Kleinbürger noch ein gutes Wort hat. Dabei hätte sie es gar nicht nötig, so freundlich zu sein. Schließlich ist sie die erste Dame am Platz (ihr Vater, Mr. Woodhouse, ist ganz offensichtlich der angesehenste Mann in diesem ländlichen Umkreis). Doch sie ist wirklich keine, die sich aufspielt, ganz im Gegenteil: „Guten Morgen, Mr. Elton, guten Morgen, Miss Bates“, grüßt sie mit ihrer hübschen, sanften Stimme, wenn sie morgens über den Dorfplatz geht, jede noch so harmlose Bemerkung begleitet von einem schelmischen Lächeln, als herrsche zwischen dem Angesprochenen und ihr ein ganz besonderes, persönliches Einverständnis.

Wie reizend Emma ist, sieht man an ihrer Freundin Harriet. Harriet kommt aus etwas fragwürdigen Verhältnissen. (Es ist nicht ganz klar, wer ihr Vater ist..., Sie verstehen). Auch ist Harriet wirklich keine Schönheit. Sie ist pummelig und hat ein albernes Lachen.

Doch Emma macht das überhaupt nichts aus. In ihrer Gutmütigkeit erklärt sie sich sogar bereit, einen passenden Ehemann für Harriet zu finden. Man muß leider sagen, daß Harriet in dieser Hinsicht jede Unterstützung nötig hat.

Aber diese Suche nach einem Ehemann, meine Güte, gibt das vielleicht ein Kuddelmuddel. Natürlich weiß man als Zuschauer immer sofort, wer eigentlich in wen verliebt ist, aber Emma ist ja so ein Unschuldslamm! Man kann ihr deswegen nicht böse sein, sie sieht so entzückend aus, wenn einer ihrer Pläne wieder fehlgeschlagen ist: Dann öffnet sie die Augen weit, und der Mund scheint ein stummes Oh! zu formen. Selbst als die schöne Jane Fairfax auftaucht und sich anschickt, Emma als beliebteste Dame im Umkreis zu verdrängen, kommt kein böses Wort über Emmas Lippen.

Ich muß zugeben, daß manchmal der Verdacht aufkommt, daß Jane Austens „Emma“, nach der dieser Film gedreht wurde, vielleicht eine Spur weniger sympathisch sein könnte. Man fragt sich natürlich, warum Emma ausgerechnet mit einem so häßlichen Mädchen wie Harriet befreundet ist und ob sie nicht doch ein wenig eifersüchtig auf diese Jane Fairfax ist. Und warum sie Harriet immer mit Männern verkuppeln will, die doch eigentlich in sie, Emma, verliebt sind.

Aber Gwyneth Paltrow (Foto) spielt als Emma solche unerfreulichen Gedanken einfach mit einem Lächeln weg. Wenn sie einmal wirklich böse zu sein scheint, beißt sie sich auf die Unterlippe, aber das sieht dann so entzückend unschuldig aus, daß man mehr an eine vorübergehend schlechte Laune glaubt als an so häßliche Dinge wie Eifersucht oder Selbstbezogenheit.

Paltrow wäre die richtige Kandidatin für eine Neuverfilmung von „Die oberen Zehntausend“. Sie sieht so kultiviert aus wie Grace Kelly, nur ohne deren Zickigkeit. Von den rüpelhaften Manieren Katherine Hepburns ganz zu schweigen. Und die Rolle von Bing Crosby/ Cary Grant könnte ihr Verlobter Brad Pitt spielen. Das wäre einfach reizend. see

„Emma“. Regie: Douglas McGrath. Mit: Gwyneth Paltrow, Toni Collette u.a. USA 1997, 102 Min.

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