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Elternprotest eiskalt abgeblockt -betr.: "Zum Sommer fehlen 600 Kita-Plätze", taz vom 23.2.96

Betr.: „Zum Sommer fehlen 600 Kita-Plätze“, taz vom 23.2.

Bei der „Abstimmung“ der Deputation für Jugend und Soziales über die Erhöhung der Kindergartenbeiträge wurde das brisante Thema nicht etwa erneut diskutiert, sondern die Koalition aus SPD und CDU stimmte einmütig für die vom Senat beschlossene drastische Erhöhung der Kindergartenbeiträge. Die Einmütigkeit wurde später mit dem Druck der SPD-Fraktionsführung und den Koalitionsvereinbarungen begründet.

Als die Opposition von Bündnis 90/Die Grünen und AfB sich bemühte, eine Wiederaufnahme der Debatte unter Bezugnahme auf die soziale Unausgewogenheit dieses Senatsbeschlusses zu erreichen, ließ man von seiten der Koalitionspartner nur Desinteresse erkennen. Versuche von Vertretern des Gesamtelternbeirats und Elternsprechern verschiedener KTHs, hier noch einmal eine Diskussion in Gang zu bringen, wurden von den Koalitionsmitgliedern schlichtweg abgeblockt.

Als Reaktion auf die Argumente der Elternvertreter wurden von seiten Frau Senatorin Wischer und der Koalitionspartner aus der CDU mit „tiefem Bedauern“ lediglich die sattsam bekannten Vorgaben aus dem Sparprogramm abgespult – diese werden durch ständige Wiederholungen nicht überzeugender. Auch der von Eltern eingebrachte Vorschlag zur Begrenzung der Kostensteigerung für die Eltern durch eine Erhöhung der Einkommensgrenze als Berechnungsgrundlage wurde ignoriert. Selbst die einstimmige Entscheidung des Jugendhilfeausschusses (ohne die Stimmen der CDU, die sich vorher aus diesem Kreis entfernt hatte) gegen diesen Senatsbeschluß konnte eine Wiederaufnahme der Verhandlungen nicht erwirken.

Ich kann bei einem derartig offensichtlich abgekarteten Spiel nicht mehr von Demokratie sprechen. Parteibeschlüsse werden demnach in den Ausschüssen und der Deputation bestenfalls abgesegnet. Woher beziehen diese Ausschüsse ihre Existenzberechtigung, wenn die Mitglieder lediglich als Parteivasallen dienen? Kann man mit Bürgereinspruch nicht umgehen? Eine auch nur ansatzweise Beteiligung Betroffener an Lösungsvorschlägen ist hier nicht gefragt. Die Eltern dürfen tatenlos zusehen und zahlen. Das ist die Erfüllung des Wählerauftrags – Politik zum Wohle unserer Kinder.

Horst Kilian, Gesamteltern- sprecher KTH St. Petri Dom

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