Elfenbeinküste bereiten Wahlen vor: Rumoren bei den Ex-Rebellen
Die Elfenbeinküste bereitet nach Jahren des Krieges freie Wahlen vor. Dabei brechen alte Spannungen brechen neu auf.
ABIDJAN taz Wenn sich politische Krisen durch Ankündigungen beenden lassen könnten, dann wäre alles gut in der Elfenbeinküste. Denn die Wahlkommission hat für den 30. November Präsidentschaftswahlen angekündigt - die ersten seit acht Jahren, bei einer Wahlperiode, die eigentlich fünf Jahre dauert. Es wäre der Schlusspunkt unter einen Friedensprozess, der das seit 2002 durch Bürgerkrieg geteilte Land endgültig zur Normalität zurückführen soll. Aber internationale Akteure sorgen sich um den Erfolg dieser letzten Etappe. Es kann Staatschef Laurent Gbagbo nicht verborgen geblieben sein, dass er international nicht den Glanz hat, den sich der stolze Sozialist erhofft.
Die in der Elfenbeinküste stationierte 9.000 Mann starke UN-Mission kostet jährlich 500 Millionen US-Dollar, und das Geld würde dringend für andere Afrika-Eingreiftruppen gebraucht. Frankreich, die ehemalige Kolonialmacht, würde das jahrelange und heftig angefeindete Engagement mehrerer tausend Soldaten gerne herunterfahren. Und vor allem die "Forces Nouvelles", die ehemaligen Rebellen aus der Nordhälfte des Landes also, die seit April 2007 mit Gbagbo gemeinsam regieren und deren Führer Guillaume Soro seitdem Premierminister ist, sind an einer Wiedervereinigung und einer neu legitimierten Führung, die internationale Hilfsgelder und Schuldenerlasse bekommen könnte, interessiert.
Denn der von den FN-Rebellen kontrollierte Norden der Elfenbeinküste liegt seit dem Ausbruch der Rebellion vor sechs Jahren brach. Schulwesen, Krankenhäuser, Gerichte, Gemeinden und Sicherheitskräfte arbeiten mangels Geld nicht. Nur sehr zögerlich kommen erste Verwaltungsstrukturen aus dem Regierungssitz Abidjan im Süden wieder in den Norden, etwa Zöllner, Präfekten und Gerichtspersonal.
Innerhalb der einstigen Rebellen rumort es. Von einer Entwaffnungszeremonie in der früheren Rebellenhauptstadt Bouaké Mitte Mai hielt sich der lokale Militärkommandant unangemeldet fern. Und letzte Woche kam es in Bouaké zu massiven Unruhen, als ehemalige Rebellen plündernd durch die Straßen zogen.
Die einstigen Kommandeure der Rebellen sind die Verlierer des Friedensprozesses: Bei einer endgültigen Beilegung der Krise, inklusive Entwaffnung und Eingliederung in eine neue Armee, verlieren sie ihren Zugriff auf Erlöse aus Kakaoernten, kleinen Diamantenminen und Abholzung. Einnahmen aus dem Schmuggel fließen bisher in ihre Taschen, und das sichert ihnen Einfluss, mit dem sie jederzeit die Wahlvorbereitung behindern können. Ähnliches gilt für einzelne Personen im Gbagbo-Lager, das während des Krieges Zugriff auf die meisten Kakaoexporteinnahmen des Landes hatte - die Elfenbeinküste ist der größte Kakaoproduzent der Welt. Seit einigen Tagen laufen massive Verhaftungen in den Führungsetagen des Kakaosektors.
Auch bleiben eine ganze Reihe technischer und logistischer Fragen zur Wahlorganisation unbeantwortet. So gibt es noch immer keine endgültigen Wahlregister. Der "Identifizierungsprozess", mit dem die Millionen Nachkommen von Migranten aus Nachbarländern Papiere bekommen und die leidliche Frage, wer "Ivorer" ist und wer nicht, geklärt werden soll, ist gerade erst abgeschlossen worden. Heraus kam, dass eine halbe Million Ivorer keine Papiere hat. Das war 2002 einer der Hauptgründe für den Ausbruch der Rebellion gegen Gbagbo gewesen: Dessen Anhänger bestreiten die Zugehörigkeit vieler Bewohner des Nordens der Elfenbeinküste zum Land. Ungeklärt bleibt bis heute, ob dieser halben Million nicht anerkannter Ivorer der Weg ins Wahlregister geebnet wird. Das Gbagbo-Lager hält sie für Sympathisanten des Nordens und verschleppt die Registrierung.
Das könnte neue Probleme bringen. Denn sollten die Wahlen stattfinden, ohne dass die "Neu-Ivorer" wählen dürfen, wäre ihre Legitimität fraglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!