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El Salvador stolpert Reformen entgegen

Parlament billigt Verfassungsänderungen/ Arena-Partei versucht, die Vereinbarungen zwischen Regierung und FMLN zu blockieren/ Präsident Cristiani hilflos zwischen den Fronten  ■ Aus San Salvador Ralf Leonhard

In einer historischen Sitzung stimmte am Montag die salvadorianische Nationalversammlung über die im Dialog mit der FMLN-Guerilla ausgehandelten Verfassungsänderungen ab. Die Abgeordneten fühlten sich als Pioniere der Demokratie, da es erstmals in der Geschichte des Landes galt, das Grundgesetz ohne Staatsstreich zu reformieren. Die meisten der 47 Artikel der von der Exekutive eingebrachten Vorlage wurden einstimmig angenommen. Es ging um Beschneidungen der Vollmachten der Armee, Demokratisierung und Professionalisierung des Justizapparats, Schaffung eines unabhängigen Menschenrechtsanwaltes und Reformen des Wahlrechts.

In einem Punkt allerdings stieß eine Mehrheit der Abgeordneten die Vorlage um. Die drei Parteien — Arena, die Christdemokraten (PDC) und die reche Versöhnungspartei (PCN) — die derzeit den Zentralen Wahlrat kontrollieren, weigerten sich, die oberste Wahlbehörde an nicht parteigebundene Persönlichkeiten abzugeben. „Arena wird in keinem Punkt nachgeben, der ihre Machtbasis betrifft“, kommentierte ein westlicher Diplomat. Gleichzeitig nützte Arena die Gelegenheit, ein lange gehegtes Projekt durchzuboxen, nämlich die Wiedereinführung der Todesstrafe für eine Anzahl von Gewaltverbrechen. Schon jetzt machte aber die Opposition klar, daß sie diesen Antrag in der kommenden Legislaturperiode, wenn Arena keine absolute Mehrheit mehr hat, zu Fall bringen werde.

Dienstag, buchstäblich in letzter Minute, wurden die Abgeordneten neuerlich zu einer Sondersitzung zusammengetrommelt. FMLN und UNO hatten Präsident Cristiani unter Druck gesetzt, die mühsam ausgehandelten Abkommen von Mexiko zu respektieren. Unter peinlichem Argumentationsnotstand widerriefen die Abgeordneten dann ihr eigenes Projekt und approbierten einen Vorschlag, der zumindest die Aufnahme eines Mitglieds der linken Convergencia Democratica und eines neutralen Präsidenten in das Oberste Wahltribunal vorsah. „Wir haben einen Fehler begangen und müssen jetzt die politischen Kosten tragen“, knurrte Roberto Angulo, der Vizepräsident der Nationalversammlung. Die parlamentarische Absegnung des Mexiko-Abkommens war deswegen von besonderer Dringlichkeit, weil die Verfassungsänderungen von der ab 1. Mai amtierenden Nationalversammlung nochmals ratifiziert werden müssen, um Gültigkeit zu erhalten.

Um die protestierenden Ultrarechten zu beruhigen, stellte Präsident Cristiani Dienstag abend in einer Fernsehansprache klar, daß die Reformen, namentlich die Umstrukturierung der Armee erst verwirklicht werden, „wenn die Gewalt eingestellt wird“.

Ein Waffenstillstand soll ab Mitte Mai ausgehandelt werden. Allerdings ist zu erwarten, daß bei der kommenden Dialogrunde die Positionen von Armee und FMLN besonders hart aufeinanderprallen. Wenn es nach den Militärs geht, werden die Guerilleros in fünf kleinen Enklaven ohne Kontakt zur Bevölkerung konzentriert, während die Rebellen ihre derzeitigen Stellungen halten und gleichzeitig landesweit mit legaler politischer Arbeit beginnen wollen bevor es zur Entwaffnung kommt.

Während die Armee seit einigen Wochen die Guerilla in Chalatenango, um den Guazapa-Vulkan, in San Vicente und im südlichen Usulutan attackiert, sabotiert die FMLN das Stromnetz, um die Wirtschaft zu schädigen. Seit Tagen wird auch in San Salvador täglich der Strom rationiert, am Montag gab es nur wenige Stunden Licht und den ganzen Tag kein Wasser.

Die FMLN hat den Streitkräften nach eigenen Angaben allein in der vergangenen Woche 206 Mann Verluste beigebracht und zwei Hubschrauber abgeschossen. Luftwaffenchef General Villamariona, der beteuerte, die Helikopter seien wegen schlechter Sicht bzw. technischer Schäden abgestürzt, wird auf einen diplomatischen Posten abgeschoben. Unter seiner Führung wurde die einst stolze Luftwaffe zu einer militärisch bedrängten und moralisch angeschlagenen Einheit.

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