: Eisvögel für Bremens Umweltglanz
■ Mit dem Dunger See im Werderland entstand Bremens 11. Naturschutzgebiet
Geschützte Arten: Klöcknerstäube und Haubentaucher Foto: W. Steinberg Natürlich brauchte buten & binnen von den 17 Libellenarten, die am Dunger See herumfliegen sollen, für die Kamera mindestens eine. Doch die Libellen blieben scheu. Überhaupt ist das ein Witz. Der Dunger See oben im Werderland wird zum 11. Naturschutzgebiet Bremens erklärt. „Naturschutz“ heißt, daß Pflanzen und Tiere, viel strikter als bei bloßem „Landschaftsschutz“ vor den Menschen geschützt werden. Vor ihrem „Befahren, Zelten, Lagern, Feuer machen, Baden, Segeln, Rudern, Surfen, Bootfahren, Angeln“ laut Hinweisschild, aber auch vor ihrer Neugier. Und dann wandert eine kleine Karawane mit Leckeis, strohbehüteter alter Dame vom BUND und Kameras los, Libellen sehen. Aber eben nur noch einmal.
Dann haben sie wieder Ruhe, die HaubentaucherInnen mit der weißen Brust, die zum Phototermin auftauchten, die Reiherenten, die mit vier Kindern Formation schwammen, die Unsichtbaren, deren vereintes Schnattern und Piepen aus dem Weidengebüsch drang. Das hat der Senatsrat Werner Damke hier mit Häftlingen aus Oslebshausen angepflanzt, als er noch Leiter der Naturschutzabteilung war. Ihm und dem ehemaligen Leiter des Gartenbauamtes Berndt Andreas läßt der Umweltsenatsdirektor Jürgen Lüthge, der das Naturschutzgebiet „freigibt“, das Hauptverdienst: Auch der Gartenbauer habe schon in den siebziger Jahren, als der See durch die Sandentnahme für den Lesumer Friedhof entstand, an mehr gedacht als an „gerade Bäume in geraden Alleen“. Deshalb sieht der See auf dem Plan im Aussichtspavillon aus wie ein Igel mit weichen Borsten, soviel Nischen und Lagunen hat er eingebaut gekriegt. Damit diese flachwässrigen Verlandungszonen Insekten-, Pflanzen und Fische anziehen, die in ihrem Bestand bedroht sind. Und so kamen sie denn, der Fischadler und auch die Eisvögel, die drüben in der kleinen Steilwand ihre Höhle haben, die sie sonst so selten finden.
Und die Industriestäube, die aus den Schloten von der Klöcknerhütte drüben herüberfliegen? Jürgen Lüthge zögert kaum: „Die Vögel stören sich relativ wenig daran.“ So sind denn die 33 Hektar Dunger See ein weiteres Stückchen Naturschutzgebiet, das der Stadtstaat der Industrialisierung abgetrotzt hat und auch den Erholungsbedürfnissen seiner Bürgerinnen. Günther Carstens vom Ortsamt Lesum betont schon sehr, daß auch die geschützte Natur den Menschen „in angemessener Form“ zugänglich sein soll. Das Ortsamt wollte einen Wanderweg um den See behalten, das hätte aber die Viecher vergrätzt. Jetzt ist es mit zwei Aussichtspavillons einverstanden, deren einer noch kommen muß und mit einem Weg an der kurzen Seeseite. Außer den Haubentauchern feiert heute die Umweltsenatorin: Bremen ist vom BRD -Naturschutzmuffel von 1983 (6 Hektar Fläche) mit 110 Hektar zum zweiten Primus hinter Hamburg aufgerückt.
U.S.
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