Eiskunstläuferin: Olympia statt Seifenoper
Die Berlinerin Caroline Gülke hatte vor fünf Jahren ihre Karriere beendet. Dann arbeitete sie als Eiskunstlauf-Double für eine RTL-Soap - mit viel Erfolg. Jetzt peilt sie die Olympischen Spiele im Februar 2010 an.
Eigentlich war die Karriere von Caroline Gülke schon beendet. Anfang 2004 stellte die Berliner Eiskunstläuferin ihre Schlittschuhe in die Ecke. Die damals erst 22-jährige Eissportlerin war zwar 2001 einmal Deutsche Vizemeisterin geworden, doch zu mehr reichte es nicht. "Ich war oft verletzt und frustriert", erinnert sich die im sächsischen Freiberg geborene Eiskunstläuferin. "Dann lieber aufhören und ins normale Leben zurück", dachte sich die 1,68 Meter große Sportlerin, die für den SC Berlin startete.
Das ganz normale Leben nach rund sieben Jahren Hochleistungssport bedeutete zunächst eine Ausbildung (Werbekauffrau), dann Heirat und schließlich die Geburt eines Mädchens (Nele). Ihre Sportart Eiskunstlauf beobachtete Gülke allenfalls aus sicherer Entfernung, zumeist vor dem Fernseher. Sie war zufrieden. Und Caroline Gülke ist es immer noch. Obwohl vieles wieder genauso ist wie damals, vor ihrem Rücktritt. Denn seit einem Jahr steht sie wieder auf den Kufen, springt Doppelachsel, Dreifachsprünge und dreht eifrig Pirouetten. Sie trainiert täglich zweimal in der Eishalle im Sportforum Hohenschönhausen, morgens und abends je zwei Stunden. Ihr Ziel ist die Qualifikation für die Olympischen Winterspiele im kanadischen Vancouver im Februar kommenden Jahres.
Der Grund für ihr Comeback ist das Fernsehen. Besser: eine dieser Seifenopern im Vorabendprogramm. "Alles was zählt" ist der Titel der seichten Soap. Sie läuft von Montag bis Freitag um 19.05 Uhr auf RTL. In "Alles was zählt" geht es in zentralen Rollen um zwei Eisläuferinnen. Die eine heißt Tana Szewczenko, dreimalige Deutsche Meisterin im Eiskunstlauf. Sie spielt sich selbst. Ihre Konkurrentin heißt Jenny Steinkamp und führt mit ihrer Eisrivalin eine Art Zickenkrieg. Jenny Steinkamp, gespielt von der Schauspielerin Christiane Klimt, wird auf dem Eis gedoubelt von Caroline Gülke. "Ich bin ein klassisches Körperdouble", sagt Gülke. "Mein Gesicht ist im Fernsehen nie zu sehen."
Seit nunmehr vier Jahren hat sie das Doubeln auf dem Eis sogar zu ihrem Hauptberuf gemacht. Und ganz nebenbei in dieser Rolle wieder so viel Freude an dem Eiskunstlaufen gefunden, dass sie erneut voll in den Hochleistungssport eingestiegen ist: "Bei den Dreharbeiten habe ich gemerkt, es geht doch noch."
Fast vier Jahre hatte die in Ahrensfelde wohnende Sportlerin keinen echten Wettkampf mehr bestritten, ehe sie in der letzten Saison das Comeback wagte. Es war gut vorbereitet, "denn blamieren wollte ich mich nicht", erinnert sich die einstige Deutsche Vizemeisterin an ihre Rückkehr auf das glatte Eis. Sie trainierte hart, immer im Wechsel mit ihren Einsätzen bei den RTL-Aufzeichnungen in Köln. Und in einer Männergruppe. "Weil an dem Zickenterror im Eiskunstlaufen wirklich was dran ist. Das gibt es nämlich nicht nur im Fernsehen", berichtet Gülke.
Es ging gleich ganz gut los. Bei den Deutschen Meisterschaften in Oberstdorf belegte Gülke 2008 einen dritten Rang. In diesem Jahr, Mitte Dezember bei den Deutschen Meisterschaften in Mannheim, soll es noch besser werden. Das muss es auch, will sich die 27-jährige Mutter ihren großen Traum von ihrer ersten Olympiateilnahme erfüllen. Nur die beiden Wertungsbesten dieser Wettkampfsaison werden von der Deutschen Eislauf-Union zur Europameisterschaft im Januar nach Talinn/Estland gesendet. Die EM-Beste dieses Duetts löst dann das Ticket für den einzigen deutschen Startplatz bei den Olympischen Spielen in Vancouver. "Das ist ein langer, anstrengender Weg", meint Gülke, eine der ganz wenigen "Eisprinzessinnen", die auch Mutter ist.
Mit der Dreifachbelastung von Sport, Familie und der Schauspielerei kommt sie (noch) gut zurecht: "Wenn es aber mit Olympia nicht klappt, höre ich mit dem Sport wieder auf." Dann für immer.
Immerhin, Deutsche Meisterin ist Caroline Gülke schon wieder geworden. Aber nicht in echt: Es war nur im Fernsehen, bei "Alles was zählt".
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