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Einstellungsstopp in Niedersachsen

■ SPD-Regierung auf hartem Sparkurs

Vier Monate nach dem Wahlsieg der SPD plant die Landesregierung in Niedersachsen die Rücknahme zentraler Wahlversprechen. In den nächsten beiden Jahren sollen keine zusätzlichen Lehrer eingestellt und auf neue Wohnungsbauprogramme verzichtet werden. Für den öffentlichen Dienst des Landes soll ein Einstellungsstopp für alle freiwerdenden Stellen verhängt werden. Das hat das Kabinett zusammen mit anderen Sparmaßnahmen und etlichen Prüfaufträgen für weitere Kürzungen während der zweitägigen Klausur zum Landeshaushalt 1995 beschlossen. Von der Opposition, Gewerkschaften und Verbänden gab es am Donnerstag heftige Kritik bis hin zum Vorwurf „Wahlbetrug“.

Neben den Personaleinsparungen sollen sämtliche Investitionen des Landes für zwei Jahre „eingefroren“ werden. Von der Wiederbesetzungssperre sollen laut Kultusminister Rolf Wernstedt (SPD) die Schulen ausgenommen sein. Jedoch werden die bisher jährlich eingeplanten 275 neuen Lehrer in den beiden nächsten Jahren entfallen. Ebenso sollen nach Angaben der Regierung 1995 und 1996 die versprochenen Wohnungsbauprogramme für insgesamt 20 000 bis 24 000 neuen Wohnungen entfallen. Dagegen legte allerdings auf Nachfrage Sozialminister Walter Hiller (SPD) Widerspruch ein. „Es darf beim Wohnungsbau keinen Stillstand geben“, sagte der Minister. Sozialwohnungen in Ballungszentren, Altenwohnungen und Modelle für preisgünstiges Bauen müßten fortgesetzt werden.

Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye begründete vor Journalisten die Sparbeschlüsse mit den bereits seit längerem bekannten Einbußen des Landes ab 1995 infolge des neuen Länderfinanzausgleichs und erheblicher Steuermindereinnahmen. Zu Einzelheiten wollte Heye zunächst keine Stellung nehmen, da im September eine zweite Klausur nach Abschluß der Prüfaufträge stattfinden soll. Finanzminister Hinrich Swieter (SPD) nahm wegen der „seit langem geplanten“ Einweihung des erweiterten Freizeitbades auf der Nordseeinsel Wangerooge nicht an der Pressekonferenz teil.

Am stärksten betroffen sind das Kultusministerium, das Sozialministerium, das Wissenschaftsministerium und das Wirtschaftsministerium. Im Kultusbereich soll die Lernmittelfreiheit auf 55 Millionen Mark jährlich begrenzt werden. Geprüft werden muß noch, wie die Einsparung von gut zehn Millionen Mark umgesetzt wird. Fest steht laut Minister Wernstedt auch, daß die Landeszuschüsse für den Kindergartenpersonal nicht wie im Gesetz vorgesehen von 20 auf 25 Prozent erhöht werden. Dafür sollen Nachmittagsgruppen künftig anerkannt und finanziert werden.

Für den Krankenhausbau wird geprüft, wie die vorgesehenen Ausgaben für bereits begonnene Maßnahmen in den nächsten zwei Jahren eingespart werden können. Für Soziale Betriebe und andere Maßnahmen für Arbeitslose liegen erhebliche Einsparvorschläge bis zu drei Vierteln der jetzigen Ausgaben auf dem Tisch. Bei der Erwachsenenbildung soll um 20 Prozent gekürzt werden. Die geplanten Transplantationszentren können nur gebaut werden, wenn sich private Investoren finden.

Die Grünen meinten dagegen, die SPD-Regierung habe ihre Handlungsunfähigkeit erneut unter Beweis gestellt. Es würde „phantasielos“ jede freiwerdende Stelle gespart, statt zu entscheiden, bei welcher Behörde konkret gekürzt werden könne. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kündigte eine breite Protestbewegung die gegen die neuerlichen Einsparungen im Bildungsbereich an. GEW-Landeschef Richard Willmers warf Regierung Bruch von Wahlversprechen und dem Ministerpräsidenten „Täuschung“ vor. dpa

vor dem SPD-Landesparteitag die Bildungspolitik zur zweitwichtigsten Aufgabe erklärt.

Auch die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG), der Beamtenbund (DBB) sowie der Verband deutscher Realschullehrer (VDR) kritisierten die Landesregierung scharf. Eine Einstellungssperre sei Politik „nach dem Zufallsprinzip“, urteilte die DAG. Der DBB meinte, die Landesbediensteten müßten die Fehler der Landesregierung ausbaden. dpa

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