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Einigung auf friedliche Lösung für Ostslawonien

■ Kroatische Serben akzeptieren erstmals kroatische Souveränität / Rückkehr kroatischer Vertriebener und Autonomie nach einer Übergangsphase vereinbart

Zagreb (AP/AFP) – Die kroatische Regierung und die kroatischen Serben haben sich auf Grundprinzipien für eine friedliche Beilegung des Streits um Ostslawonien geeinigt, das als einziges kroatisches Gebiet noch unter serbischer Kontrolle steht. Dies bestätigte die UNO am Dienstag in Genf. Die elf Punkte umfassende Einigung wurde in der ostslawonischen Frontstadt Erdut nahe der Grenze zu Serbien unterzeichnet.

Die Vereinbarung ist die erste, in der die bisher separatistischen Serben die kroatische Oberhoheit akzeptieren. In einer nicht befristeten Übergangszeit sollen internationale Friedenstruppen in der besetzten Region stationiert und die Rückkehr kroatischer Vertriebener ermöglicht werden. Ostslawonien soll ferner entmilitarisiert werden. Dem kroatischen Fernsehen zufolge sieht das Abkommen nach der Übergangsphase die Abhaltung von Wahlen für eine autonome Behörde vor. Die Dauer der geplanten Übergangsphase wurde nicht angegeben.

Das Abkommen ähnelt dem sogenannten Vance-Friedensplan für Kroatien von 1992, dessen Umsetzung jedoch am Widerstand der Krajina-Serben scheiterte. Nach der Augustoffensive kroatischer Truppen gegen die Krajina, durch die rund 180.000 Menschen zu Flüchtlingen wurden, hatten sich die Serben in Ostslawonien erstmals bereiterklärt, die UN-Verwaltung ihres Gebietes zu akzeptieren. Der Grundsatzcharakter der Einigung setzt noch weitere Regelungen voraus, damit sie wirksam werden kann.

Die Einigung wurde von UN- Vermittler Thorvald Stoltenberg und dem US-Botschafter in Kroatien, Peter Galbraith, unterzeichnet. Die kroatische Regierung wurde von ihrem Chefunterhändler Hrvoje Sarinić vertreten. Für die kroatischen Serben in Ostslawonien unterzeichnete deren stellvertretender Oberbefehlshaber, General Milan Milanović. Stoltenberg nannte die Einigung einen „ersten wichtigen Schritt zu einer friedlichen Lösung der Krise“. Galbraith sprach von einem Vertragsgerüst, das durch weitere Regelungen gestärkt werden müsse.

Kroatien hatte mehrfach mit der gewaltsamen Eroberung des Gebiets gedroht, falls es nicht bis Ende November an Zagreb zurückgegeben werde.

Die Grundsatzeinigung zu Ostslawonien hat nach den Worten des US-Sondergesandten Richard Holbrooke die Friedensbemühungen in Bosnien erleichtert. „Das ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer Lösung des Problems Ostslawonien, das unsere Friedensbemühungen in Bosnien zu schwächen drohte“, sagte Holbrooke am Dienstag in Zagreb.

Die Europäische Union hat die Vereinbarung über Ostslawonien begrüßt. Spanien, das derzeit den Vorsitz führt, erklärte gestern die Einigung sei unzweifelhaft wichtig für eine Verhandlungslösung.

Ostslawonien umfaßt etwa 4,5 Prozent des kroatischen Territoriums. Im Mai und im August hatte die kroatische Armee in Offensiven die zuvor serbisch besetzten Gebiete Westslawonien und Krajina erobert. Am 25. August war ein Waffenstillstand für Ostslawonien unterzeichnet worden, demzufolge die kroatische Armee und die kroatischen Serben ihre schweren Waffen in der Region abgeben sollten. Dieses Vorhaben wurde aber nur sehr zögernd umgesetzt.

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