Kommentar – vgl. S.23: Einheitsbrei
■ Bremen feiert besinnungslos heiter
Bremen feiert. Das ist schön. Bremen feiert den „Tag der Einheit“: auch gut. Da macht man halt wieder ein paar Becksbierstände auf, serviert Fischbrötchen und lädt den Shantychor Finkenwerder ein. Anders als beim „Bremer Sommer“, beim „Stadtfest“ oder auf dem Freimarkt wird's jedenfalls kaum aussehen, wenn der Senat ab Samstag sein offizielles Festprogramm über die Stadt ergießt. Daß das historische Datum durchaus Anlaß geben könnte zu einer kritischen Bestandsaufnahme, zu einer Auseinandersetzung mit den Lasten der Einheit – kaum der Rede wert.
Nein: Es soll alles ganz heiter sein, so die Vorgabe, heiter bis zur Besinnungslosigkeit. Die Bremer und ihre Gäste sind zum Feiern verdonnert. Auch, wenn die meisten der launigen Kulturbeiträge mit dem Tagesthema rein gar nichts zu tun haben. Da gibt sich die Senatspressestelle froh, wenn wenigstens von anderer Seite – z.B. vom Bremer Theater – eine Diskussion über die unschöneren Seiten der Einheit am Jubeltag veranstaltet wird. Wer solche Alibis hat, kann umso sorgloser feiern. Um nichts anderes geht es dem Bremer Senat, in seinem Bangen um eine möglichst reibungslose Selbstdarstellung vor den hohen Bonner Gästen. Daß dabei die Lasten und Opfer der Einheit links und rechts des Festprogramms herunterfallen – diese Tatsache kann man einmal mehr im Bier der Heimatsorte ertränken.
Thomas Wolff
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