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Archiv-Artikel

Eine widersprüchliche Diskussion

betr.: „Folgen der Flut. Ferntourismus mit Verantwortung“, Kommentar von Dietmar Bartz, taz vom 3. 1. 05

Erfreulich, dass nun auch Diskussionsstoff aus Tourismuszirkeln in die Kommentare zur Flutkatastrophe in Südostasien hinüberschwappt. Seit je eine widersprüchliche Diskussion, mit der viele mehr schlecht als recht leben: Ökologisch Engagierte lehnen die Fliegerei ab und sind lieber für andere Reiseformen, die entwicklungspolitischen Gruppen wissen dagegen genau, dass Nachhaltigkeitsprojekte und soziale und Verteilungsgerechtigkeiten durch Tourismus nur im globalen Rahmen funktionieren. Ohne unsere Bereitschaft, Geld noch im letzten Winkel der Welt zu hinterlassen, könnten auch Ökoprojekte im Dschungel nicht funktionieren.

Das heißt vor allem eines: Tourismus ist sich nicht überall gleich. An Phukets Hauptstrand schwappte die Welle über ausgedehnten Pufftourismus. Hier funktioniert Tourismus wie ein Zuhälter für geile Greise. Natürlich: Auch dieser Tourismus schafft die emotionale Verbundenheit, die wir nun mit unseren Traumstränden verspüren, hier wurden Familien gegründet, und zahllose Thailänderinnen gelangten so an ihr Wunschziel, nämlich nach Europa. Aber Naserümpfen über Pufftourismus muss genauso erlaubt sein wie das Stöhnen über miese Fernsehprogramme: Echt ätzend.

Die grassierende Spaßkultur ist nun mal nicht jedermanns Geschmack, aber sie macht sich breit. An den schönsten Stränden der Welt. In Khao Lak, ein anderes Beispiel aus Thailand, wurde der massentouristische Ausbau in den letzten Jahren schwerstens forciert. Ein Tourismus des Abhakens, des Schneller und Kürzer, des Mal-fix-in-die-Sonne, Sexabenteuer praktisch garantiert. Aber beileibe nichts, was den engagierten Programmen nach Nachhaltigkeit nur irgendwo entsprochen hätte. Ökologisch gesehen ist dieser Pauschaltourismus ein einziger Alptraum. Schade, wenn sich dies nun mit der schlichten Frage vermischt, ob man weiterhin an die Traumstrände des Südens fliegen soll oder nicht. Steht nicht vielmehr die Frage im Raum, welchen Tourismus wir uns wünschen, wenn es jetzt wieder losgeht? TINA STADLER, Frankfurt am Main