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Archiv-Artikel

„Eine räumliche Falle“

Diskussion über Wohnorte und Lebens-Chancen

Jürgen Oßenbrügge, 55

Professor für Wirtschaftsgeografie an der Uni Hamburg und Experte für StadtentwicklungFOTO: PRIVAT

taz: Herr Oßenbrügge, wie sehr wirkt sich der Wohnort auf die Zukunft von Jugendlichen aus?

Jürgen Oßenbrügge: Wenn sie in einem monotonen Wohngebiet ohne Kleingewerbe aufwachsen, sind die Jobperspektiven schlecht. Und wenn dort nur Menschen mit eher niedrigem Sozialstatus wohnen, dann kann das Viertel stigmatisierend wirken. Die Leute werden bei Krediten oder Jobs benachteiligt, wenn sie aus einem bestimmten Quartier kommen – wie in Hamburg zum Beispiel der Osdorfer Born. Und dann kommt es schnell zu Selbstverstärkungsmechanismen.

Die da wären?

Die positiven Beispiele fehlen. Die Jugendlichen werden in einer Umgebung sozialisiert, die ihnen nur das Negative der Gesellschaft vor Augen führt. Sie kommen da nicht mehr raus. Es ist eine räumliche Falle.

Was müsste die Stadt tun?

Perspektiven bieten: Kleingewerbe ansiedeln, Weiterbildungen und Existenzgründungen fördern. Aber auch öffentliche Plätze verbessern, Fassaden verschönern – und den Anschluss ans Zentrum sichern. Im Zuge der Gentrifizierung werden immer mehr Einkommensschwache an den Stadtrand gedrängt.

Ist das in Hamburg schlimmer als anderswo?

Ja, weil es unkontrolliert ist und den Marktkräften überlassen wird. In Wien oder München gibt es viel mehr gemeinnützige Wohnungen. Dann bleibt die Mischung erhalten und die Selbstverstärkung wird blockiert.

Podiumsdiskussion: „… und raus bist du!“ 19 Uhr, Schauspielhaus