: Eine neue Hürde für den Friedensplan
Plötzlich wollen die slawisch-mazedonischen Parteien Verfassungsänderungen zugunsten der Albaner durch einen Volksentscheid absegnen lassen. Derweil spekulieren die Medien über Kontakte zwischen der UÇK und Bin Laden
SPLIT taz ■ Das mazedonische Parlament sollte gestern Nachmittag die Beratungen über die Verfassungsreform und den Friedensplan wieder aufnehmen. Allerdings wurde von seiten der slawisch-mazedonischen Parteien eine neue Hürde aufgebaut. Denn nun sollen die Abgeordneten beraten, ob die Verfassungsänderungen zugunsten des Status der albanischen Bevölkerungsgruppe von einem Referendum bestätigt werden sollen. Ein solches Referendum war bisher in dem Friedensplan nicht vorgesehen. Dem ausgehandelten Kompromiss zufolge sollte das Parlament über die Verfassungsänderungen entscheiden.
Angesichts der Unruhe in der slawischen Bevölkerung entschlossen sich die slawischen Parteiführer jedoch, die Forderung von nationalistisch-extremistischen Demonstranten nach einem Referendum zu akzeptieren. Für die Entscheidung, ein Referendum abzuhalten, ist lediglich eine einfache Mehrheit im Parlament nötig. Nach Ansicht westlicher Diplomaten und albanisch-mazedonischer Politiker würde ein Referendum den Friedensprozess verzögern, wenn nicht verhindern. Deshalb verhandelten Vertreter der Nato gestern mit der Regierung.
Die Nato versuchte, die slawisch-mazedonischen Parteien von diesem Vorhaben abzubringen. Denn würde diese Hürde errichtet, könnten die albanischen Rebellen der UÇK die dritte Phase der Aktion „Ernte“ verhindern. Bisher wurden über 2.200 Waffen an die Nato übergeben.
Nach den Schießereien der letzten Tage ist die Spannung ohnehin gestiegen. Wie schon vor drei Wochen war das von Albanern bewohnte Dorf Neposteno erneut Ziel von Artillerieattacken der mazedonischen Armee, die damit den Waffenstillstand gebrochen hat. Viele Häuser waren damals in Neposteno niedergebrannt worden, weil die mazedonische Armee Phosphorgranaten benutzte. Allerdings bestritt die mazedonische Armee die damaligen Angriffe. Jetzt konnten Nato-Beobachter, die vor Ort waren, die Urheber der Attacken eindeutig feststellen. Klargestellt ist jedoch auch, dass die Zufahrtswege durch von Albanern errichtete Barrikaden blockiert werden.
Vergiftet wird die Atmosphäre durch Berichte slawischer Medien, wonach der UÇK-Chef Ali Ahmeti und die UÇK mit Millionenbeträgen von Bin Laden finanziert worden sein sollen. So zeigten Fotomontagen beide Personen bei einem Treffen. Der UÇK wird vorgeworfen, direkt mit den Mudschaheddin zusammenzuarbeiten. Einer der Terroristen, der an den Anschlägen in den USA beteiligt war, soll mazedonischen Medien zufolge in der UÇK gekämpft haben.
Nato-Sprecher hingegen erklärten, diesbezüglich lägen keine Erkenntnisse vor. Immerhin erklärte sich aber der Sicherheitsrat in Mazedonien am Montag bereit, einer längeren Nato-Präsenz nach der Entwaffnungsmission im Lande zuzustimmen. Die Nato solle das Mandat erhalten, mit einer verkleinerten Truppe die Beobachter der EU und der OSZE zu schützen, die die Umsetzung des Friedensabkommens, käme es zustande, überwachen sollen.
ERICH RATHFELDER
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