Eine muslimisch-christliche Hochzeit: Das Familienglück
Wie es gelang, dass mein muslimischer Sohn Recep Engin die katholische Christin Helga Schulz heiratete und alle glücklich wurden. Ein Märchen.
M ein ältester Sohn Recep will heiraten. Die Familie des Mädchens ist streng religiös. Aber keine Moslems, sondern Katholiken. Das Mädchen heißt Helga und stammt aus Ostfriesland. Wenn der Vater von Helga in ein fremdes Land fliegt, dann küsst er sofort den Boden. Nein, nein, jetzt denken Sie wieder was Falsches! Helga ist nicht die Tochter vom Papst – obwohl sie genauso viel in Urlaub fährt wie er.
Ich habe im Prinzip nichts dagegen, dass mein Sohn eine Christin heiraten will. Religion, Rasse und Nationalität spielen bei einem gebildeten Menschen wie mir keine Rolle. Ich lege keinen Wert auf Äußerlichkeiten bei meinen Mitmenschen. Hauptsache, sie haben genug Geld.
Herr Schulz hat auch nichts dagegen, dass seine Tochter meinen Sohn heiratet. Sein einziger Wunsch ist, dass mein Sohn Recep auf der Stelle Christ wird, seinen türkischen Namen gegen einen germanischen tauscht und sich seinen Schnurrbart gelb färbt!
Wenn es weiter nichts ist! Nichts leichter als das: Mit seinem frisch lackierten Schnurrbart wird er zum Christen ernannt und er muss lateinische Sätze nachsprechen, die wir nicht verstehen. Weil Recep sich verzweifelt wehrt, sind gleich fünf Priester im Einsatz, um seinen Kopf in das Taufbecken zu stecken. Und während die Priester meinem Sohn die Haare ohne anständiges Shampoo waschen, fragt ihn meine kleine Tochter Hatice: „Mein Herr, wollen Sie Färben oder Dauerwelle? Oder sollen nur die Läuse ersäuft werden?“
Natürlich erhält Recep einen neuen Namen: Rudi. Danach wird er mit Kruzifix am Hals, nassen Haaren, neuem Namen und toten Läusen kirchlich getraut. Kaum sind Recep und Rudi – ich meine, Rudi und Helga verheiratet, kommt der Brief von seinen Großeltern aus der Türkei. Mein Vater hat selbstverständlich nichts gegen eine Heirat seines Enkels mit einer deutschen Frau. Sie muss lediglich den islamischen Glauben annehmen, einen türkischen Namen bekommen und Kopftücher tragen.
Ich schreibe meinem Vater natürlich nicht, dass die beiden längst verheiratet sind. Und erst recht nicht, dass mein Sohn Recep Christ geworden ist. Ein moderner Christ! Mit schwarzen Haaren, gelbem Schnurrbart und chronischer Erkältung.
Deshalb fahren wir mit der gesamten Familie in die Türkei. Noch am Abend unserer Ankunft bekommt Helga von einem Hodscha den wahren Glauben verpasst. Meine Mutter bindet ihr ein Kopftuch um, mit großen, roten Rosen drauf. Die Schwiegertochter muss arabische Wörter nachsprechen, die wir nicht verstehen. Aus ihrem Namen Helga machen sie Hülya.
Vor der Hochzeit war der eine Moslem, die andere Christin. Jetzt ist alles anders. Die Verhältnisse haben sich total geändert. Jetzt ist der eine Christ und die andere Moslem. Am Anfang hießen sie noch Recep und Helga. Jetzt heißen sie Rudi und Hülya!
Es ist kaum zu glauben, aber glauben Sie mir: Selbst mit diesen Namen wurden sie glücklich! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“