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■ Die Union sucht ein Konzept zur Beschränkung der 610-Mark-JobsEine gerechte Lösung gibt es nicht

Es gibt sozialstaatliche Fragen, zu denen es keine gerechte Lösung gibt. Dann helfen nur Lösungen, die nur etwas weniger ungerecht sind als der Status quo. Solche Lösungen sind niemals wirklich politisch attraktiv, und das ist das Dilemma der Sozialpolitik. Deutlich zeigt sich das bei den geringfügigen Beschäftigungen: Ganz gleich, was dabei herauskommt, es wird Opfer geben, wenn die 610-Mark-Jobs eingeschränkt werden.

Das Problem ist nicht einfach dadurch zu lösen, das diese „Minijobs“ einfach der Sozialversicherung unterworfen werden, wie es der DGB fordert. In einer früheren Untersuchung zeigten sich nur 20 Prozent der geringfügig Beschäftigten daran interessiert, in die Rentenversicherung einzuzahlen. Über diese Betroffenen, darunter viele sogenannte hinzuverdienende „Hausfrauen“, darf kein Sozialpolitiker einfach hinweggehen. Zudem hat schon die Einführung der Rentenversicherungspflicht für Studenten gezeigt, daß das Angebot an Studentenjobs schrumpfte.

Der Streit um die „Minijobs“ ist also eine Verteilungsfrage, aber eine mit vielen Unbekannten. Werden diese Jobs verteuert, rettet das dann Stellen für Vollzeitbeschäftigte? Oder treibt das hinzuverdienende Hausfrauen in die Schwarzarbeit, so daß am Ende die Arbeitgeber nicht mal mehr die pauschale Lohnsteuer für diese Minijobs entrichten? Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich an den politischen Konstellationen: Die arbeitnehmernahen Kräfte der CDU/CSU-Fraktion sind wie die SPD für eine Einschränkung der Billigjobs. Die FDP will alles so lassen, wie es ist. Die FDP als Partei der hinzuverdienenden Hausfrauen? Die CDU/CSU-Fraktion als Befürworterin von Minirenten für alle? Bei der Problematik der Billigjobs ist vieles nicht so, wie es scheint. Was als „Sicherungsmodell“ für Geringverdiener daherkommt, kann sich am Ende auch nur als Abzockermethode für die Sozialversicherung entpuppen, ohne das den Betroffenen nennenswerte Ansprüche entstehen. Das gilt auch für die Vorschläge von abgesenkten Sozialbeiträgen für Niedrigverdiener, die erst mal durchgerechnet werden müßten.

Der kleinste Kompromiß besteht darin, die Verdienstgrenze für Billigjobs einzufrieren, die Zahl oder Lohnsumme dieser Jobs pro Unternehmen zu quotieren und kleine Betriebe von dieser Quotenregelung auszunehmen. Eine Lösung, die für manche Betriebssituation nicht gerecht wäre. Aber, allgemein gesehen, eben doch etwas weniger ungerecht als der Status quo. Barbara Dribbusch

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