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■ Die „geretteten“ Bosnier muß die UNO vor Ort schützenEine erfolgreiche Woche

Gut eine Woche ist es her, da widmeten sich nicht nur die zuständigen US-Politiker in aller Ausführlichkeit der Frage, von welcher Höhe die Hilfspakete über Ostbosnien abgeworfen werden sollten. 5.000 oder 10.000 Fuß würden, so hieß es, über die Sicherheit von Flugzeug und Pilot entscheiden, ein ungenaues Eintreffen der Lieferungen wurde hierfür in Kauf genommen. Fünf Hilfsflüge später ist klar, daß die Welt einmal mehr die Terrorbereitschaft der serbischen Truppen unterschätzt hat. Nicht die US-Flugzeuge, sondern die bosnische Bevölkerung war Ziel ihrer Angriffe: Beim Versuch, die Lebensmittelpakete einzusammeln, wurden sie wie Hasen gejagt – und erschossen. Die serbischen Politiker aber hätten für ihre Absicht, auch in dieser Woche zu zeigen, wer in Bosnien den Ton angibt, kein besseres Drehbuch schreiben können: Da wird in einem ersten Hilfsflug Nahrung für die hungernden Menschen in Cerska abgeworfen und wenige Stunden danach gelingt den serbischen Soldaten die weitgehende Einnahme dieser Stadt, die sie seit Monaten belagert hatten.

Die Vereinten Nationen scheinen sich an ihre Bloßstellung bereits gewöhnt zu haben. In einem Sicherheitsratsbeschluß verurteilten sie am Donnerstag die Serben zwar gleich zweimal als Aggressor, doch die Formulierung kam – wie inzwischen bekannt wurde – erst nach Intervention des UN-Botschafters Venezuelas zustande. Und obwohl nur allzu deutlich wurde, welche Folgen das amerikanische Engagement hatte, ist die Clinton-Administration zur Selbstkritik nicht fähig: „Die Aktion war erfolgreich“.

Herren des Geschehens blieben die Serben schließlich auch am Freitag: Da, so die lokalen Militärführer, die bosnischen Serben die „zivilisierteste Armee der Welt“ hätten, würden sie der UNO die Möglichkeit geben, die Bevölkerung Ostbosniens zu evakuieren. In einem an Zynismus kaum noch zu überbietenden Angebot machen sie so die UNO zum Handlanger der „ethnischen Säuberungen“ auch noch in einer Region, die laut Vance/Owen-Plan eindeutig den Muslimen zugesprochen wurde. In New York aber kann Serbenführer Karadžić den USA mit Anschlägen drohen, während die Unterhändler der „Friedensgespräche“ nicht müde werden, von einem „baldigen“ erfolgreichen Abschluß ihrer Bemühungen zu reden.

Ein „friedliches“ Wochenende ist somit nicht zu erwarten. Und wenn in den kommenden Tagen die Bilder der „geretteten“ bosnischen Flüchtlinge über unsere Bildschirme flimmern werden, wird kaum deutlich werden, daß die Aufgabe der UNO doch eigentlich eine ganz andere sein sollte: Die ostbosnischen Städte und Dörfer dürfen keine Evakuierungsgebiete werden. Die UNO muß sie unter den Schutz ihrer Truppen stellen. Sabine Herre

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