: Eine Weltanschauung
St. Pauli Museum stellt auf dem Spielbudenplatz Neues und Altes vom Star-Club aus ■ Von Janne Schumacher
„Der Star-Club war kein Music-Club, sondern eine Weltanschauung“, schwärmt Buchautor und Fotoreporter Günter Zint. Der Hausfotograf des Star-Clubs berichtet wie wohl kaum ein zweiter aus den wilden 60er Jahren des Musiketablissements. „Unsere Eltern hatten dort nichs zu suchen, wir wollten uns von ihnen absetzen, und unsere Besuche bedeuteten den Bruch mit dieser Generation.“
Seit Ende September zeigt das St. Pauli Museum e.V. die Ausstellung „Star-Club Große Freiheit“ im Gebäude auf dem Spielbudenplatz. Aber: „Wir wollen kein Fanclub der Beatles sein, sondern über die Geschichte des Star-Club und die Hamburger Zeit der Beatles berichten“, erzählt Günter Zint.
Star-Club-Gründer Manfred Weißenleder öffnet am 13. April 1962 zum ersten Mal die Türen des bald darauf bei Hamburgs Bürgern berüchtigten und in der ganzen Welt berühmten Clubs. Auch die Beatles sind bei der Eröffnungsshow dabei. Später treten Little Richard, Fats Domino, Ray Charles und Jerry Lee Lewis in dem Club an der Großen Freiheit auf.
„Viele glauben heute immer noch, daß so ein Club nur in Hamburg möglich war, dabei haben ihn die Behörden von Anfang an schikaniert“, erinnert Günter Zint an die Probleme, die der Club mit der Hamburger Verwaltung hatte. Die Musiker und Künstler, die im Star-Club auftraten, wurden nicht als kulturelles Ereignis angesehen, sondern als Krach- und Jugendkrawallverursacher, weshalb Weißenleder für praktisch alle Auftritte eine sogenannte „Vergnügungssteuer“ bezahlen sollte. „Manfred Weißenleder hat jahrelang gegen die Stadt prozessiert, und die Beatles wurden auch nach ihren Welterfolgen von Hamburger Behörden nicht als Künstler rehabilitiert.“
Neben Dokumenten, die diesen Dauerstreit belegen, sind weitere, zum Teil bisher unveröffentlichte Fotos, Filme und Dokumente zu sehen. Zum Beispiel ein Lehrfilm der Hamburger Polizei, in dem harmlose Beatles-Fans als staatszersetzende Rocker bezeichnet werden, die von berittenen Beamten und Wasserwerfern in Schach gehalten werden müssen. Auch zu einer Speise- und Getränkerechnung der Beatles von 1962, auf der sechs Steaks notiert sind, gibt–s Einiges zu erzählen: „Einer von ihnen muß zwei Steaks gegessen haben, ich vermute, es war Paul. Er wußte vermutlich damals schon, daß er einmal Linda treffen würde, und dann sein Leben vegetarisch weitergeht“.
Die alten Stories sind leicht erzählt, aber so eine Schau auf die Beine zu stellen, ist nicht so einfach. Besonders nicht für „ein Museum, das keinen Pfennig von der Kulturbehörde bekommt, sondern sich durch Verkäufe Fotos aus dem Star-Club und durch Sponsoren finanzieren muß“, rechnet Zint vor.
Auch die Räumlichkeiten sind für das St. Pauli Museum keine Selbstverständlichkeit. Das Haus auf dem Spielbudenplatz stellte Willi Bartels, dem auf dem Kiez so allerlei gehört, bis zur Umgestaltung des Platzes zur Verfügung. Am liebsten würde der Museums-Verein ein Gebäude auf dem ehemaligen Gelände des Star-Clubs an der Großen Freiheit beziehen, was jedoch noch nicht möglich ist. Günter Zint ist trotzdem optimistisch: „Wir haben uns an den Zustand des heimatlosen Heimatmuseums gewöhnt, und für Ausstellungen finden wir eigentlich immer Platz und Raum.“
Über den jetzigen Räumen am Spielbudenplatz war es sogar möglich, ein Vereins-Café einzurichten. Und wer Glück hat, trifft dort Günter Zint und läßt sich bei Bier und Beatles-Hits von den wilden 60ern erzählen.
Die Ausstellung ist (voraussichtlich ) bis Mitte November montags bis freitags von 11 bis 21 Uhr, samstags von 11 bis 24 Uhr und sonntags von 10 bis 21 Uhr zu besichtigen; Eintritt: 7 Mark bzw. 4 Mark (ermäßigt)
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