piwik no script img

Eine Welt in den Wolken

■ Wenn Wäschetrockner sterben und Ameisen Atombomben werfen: In Funny van Dannens Poesiealbum geht es grausig und recht albern zu

Poesiealben gehören zum Schönsten, was es gibt auf der Welt. Man kann da reinkritzeln, reinmalen und reinkleben, was einem gerade einfällt und was man alles in die Finger bekommt. Weil einen jedoch die tollsten Leute oft nicht fragen, ob man in ihres reinschreiben will, schreibt man am Ende sogar selber eins voll. Das hat jetzt Funny van Dannen gemacht, was ja ziemlich selten vorkommt bei Jungs. Aber Funny van Dannen ist kein Rüpel und kein Raufbold. Er hat immer Schokolade im Küchenschrank und ein Lächeln auf den Lippen. Meistens ist er ausgeglichen, überglücklich und charmant. Und so sind auch seine Lieder, Geschichten, einfach alles, was er macht.

In sein neues rosa Poesiealbum hat er lauter lustigen Blödsinn geschrieben und gemalt, den er wahrscheinlich seinen vier Söhnen zum Einschlafen vorliest. Da ist zum Beispiel ein Bild, das heißt: „Junger Country-Künstler steht mitten in einer unwirklichen Gewitterlandschaft und prüft die Windrichtung.“ Eine Geschichte, die schönste, handelt von einem Ameisenbär, der keine Ameisen mehr aufsaugen will, weil die neuerdings immer kleine Messer mit sich rumtragen. Seine Freundin schlägt ihm deshalb vor, einen Staubsauger und eine Kabeltrommel zu kaufen. Aber dann sieht sie in einem Tierfilm, daß Ameisen inzwischen sogar Wasserbomben dabeihaben, um die Staubsauger kaputtzumachen.

Am rührendsten aber sind Funny van Dannens Gedichte, in denen er mit den mißhandelten Dingen des Alltags leidet, mit Butterkeksen und Rollmöpsen: „Ein Wäschetrockner lag im Sterben. Wir wollten seine Wäsche erben.“ Grausig und albern geht es zu in dieser Welt, die nicht mehr ganz heil, aber auch noch nicht ganz kaputt ist. Eine Welt, irgendwo in den Wolken, wo einem auch schon mal ein Huhn begegnen kann, das gerade ihrem Hahn davonfliegt. Susanne Messmer

Funny van Dannen: „Komm in meine Arme. Ein Poesiealbum“. Antje Kunstmann Verlag, München 1998, 80 Seiten, 24,80 DM

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen