Eine Top-Saison für Zé Roberto: Koketter Wankelmut
Weil er Trainer Jürgen Klinsmanns Philosophie so gut versteht, spielt Zé Roberto eine famose Saison beim FC Bayern. Doch der Brasilianer trägt sich mit Abwanderungsgedanken.
Dann und wann einen Blumenstrauß hinüber ins Villenviertel Grünwald zu schicken, das wäre vielleicht ein guter Anfang. Wer Zé Roberto im Verein halten will, muss auch das Herz seiner Frau gewinnen. Und Blumen sind nie verkehrt. Es gibt nette Anekdoten über das Mitspracherecht, das Luciana da Silva Junior bei der Karriere ihres Zé Roberto hat. Als vor mehr als zehn Jahren ein dicker Mann namens Reiner Calmund die beiden in die Nähe des Nordpols, nach Deutschland nämlich, entführen wollte, ließ sie sich erst überzeugen, als Zé Roberto sagte: "Nur für ein Jahr." Es wurden ein paar mehr. Konstantin Sarsanija hatte vor knapp drei Jahren weniger Erfolg. Die Dame habe sich strikt geweigert, nach Russland zu fliegen, erinnert sich der Transferberater von Zenit Sankt Petersburg. Zés Wechsel nach Russland platzte.
Nun steht die Frage nach der Zukunft von Zé Roberto mal wieder im Raum. Sein Vertrag mit dem FC Bayern läuft Ende der Saison aus. Doch der Brasilianer soll unbedingt bleiben, finden die Chefs im Verein. Denn noch nie war Zé Roberto so wertvoll für die Mannschaft wie heute, als Teamältester. Er ist der einzige Spieler, der seit Beginn der Saison konstant die Ansprüche erfüllt, ja: sogar mehr als das.
Seit dem Ende eines einjährigen Intermezzos in Brasilien und der Rückkehr nach Deutschland im Sommer 2007 darf er endlich da spielen, wo er sich am wohlsten fühlt: im zentralen defensiven Mittelfeld. Von dort heraus kann er das Spiel schnell machen, mit einem klugen Pass oder mit einem seiner luftig-leichten Antritte. In diesen Momenten ist man nicht immer ganz sicher, ob er wirklich bei jedem Schritt den Boden berührt. Die verzweifelten und ertraglosen Dribblings von früher, als er immer links außen postiert war, sind Vergangenheit. Und nun tut er auch noch, was niemand erwartet hätte: Tore schießen. Zweimal hat er in der Bundesliga getroffen. Vor allem aber hat er zwei von fünf Champions-League-Treffern der Bayern erzielt - das 1:1 gegen Florenz sogar per Kopf, mit 1,72 Meter Körpergröße.
Dass er an diesem Mittwoch beim Rückspiel in Florenz (20.45/Sat1) wieder trifft, ist etwas weniger wahrscheinlich. Denn im Moment spielt Zé Roberto aushilfsweise als Linksverteidiger für den verletzten Philipp Lahm. Er macht es besser als die gelernten Außenverteidiger Christian Lell und Massimo Oddo. "Das ist keine Dauer-, aber die Optimallösung, solange Philipp fehlt", sagt Coach Klinsmann.
Dass es dieses Jahr so gut läuft für ihn, erklärt sich Zé Roberto mit seinem guten Draht zum Trainer. "Ich glaube, dass sich bei mir - aufgrund meiner Erfahrung als Fußballer - seine Philosophie fester verankert hat", sagt der 34-Jährige. "Es war mir von Anfang an klar, was er will und wie er es erreichen möchte."
Manager Uli Hoeneß ist guter Dinge, Zé Roberto halten zu können: "Er ist ein sehr emotionaler Mensch. Wenn seine Gefühlslage passt, dauern die Verhandlungen sieben bis zwölf Minuten." Doch wie die Chancen wirklich stehen, ist schwer abzusehen. Zé Robertos Aussagen aus den vergangenen Wochen ergeben ein diffuses Bild mit Sprenkeln von Verhandlungstaktik, Koketterie und echtem Wankelmut. Mal sagte er: "Meine Zeit hier ist vorbei." Und dann: "Ich habe noch keine 100-prozentige Entscheidung getroffen, ob ich in Deutschland bleibe oder nicht." Gern streut er auch ein, der FC Dallas habe ebenso Interesse wie andere Vereine. Ein Satz aber dürfte frei von Hintergedanken sein und für sich stehen: "Eine endgültige Entscheidung werde ich zusammen mit meiner ganzen Familie treffen."
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