: Eine Legende kehrt zurück
Die einstige Résistance-Kämpferin Lise London verließ wegen des Einmarschsder Sowjets in Afghanistan die KPF. Nun will sie an der Erneuerung mitarbeiten
PARIS taz ■ Lise London ist zurückgekehrt. Die alte Kämpferin, die 1981 zusammen mit ihrem Gatten Artur die Kommunistische Partei unter Protest verließ, will jetzt wieder Mitglied werden. „Ich habe immer gedacht, dass die Erneuerung des Kommunismus die Sache der Kommunisten selbst ist“, sagte die 84-Jährige am Donnerstag in einer Rede vor dem Parteikongress von Martigues bei Marseille, „was hier passiert, ist ein Anknüpfen an das ursprüngliche Ideal.“
Lise London wurde seinerzeit ein Opfer der kommunistischen Bewegung. Als junge Frau kämpfte sie im Spanischen Bürgerkrieg, später in der französischen Résistance, bis sie im KZ Ravensbrück interniert wurde. Nach Kriegsende zog die Französin mit ihrem tschechischen Mann Artur nach Prag, wo er einen Ministerposten in der ersten kommunistischen Regierung übernahm.
In Prag wurde Artur London wie zahlreiche andere ehemalige Spanienkämpfer Opfer eines stalinistischen Schauprozesses. Im Verfahren gegen die „Slansky-Verschwörer“ wurden 1952 elf kommunistische Verantwortliche zum Tode durch Erhängen und drei weitere zu „lebenslänglich“ verurteilt. Unter Letzteren war Artur London, den nur eine Kampagne der französischen KommunistInnen rettete.
Lise London, die an die Unschuld ihres Mannes glaubte, kehrte mit den Kindern nach Frankreich zurück. Von dort aus kämpfte sie um Arturs Rehabilitierung. Im Gefolge des 20. Parteitags der KPdSU kam ihr Mann frei und folgte seiner Familie nach Paris. Über seinen Schauprozess und die unter Folter erpressten Geständnisse schrieb er Jahre später ein Buch. Es diente Costa Gavras’ Film „L'Aveu“ – „Das Geständnis“, als Vorlage. Im Prager Frühling 1968 wurde der einstige Minister zu einer Symbolfigur der Protestbewegung.
In Paris blieb das Ehepaar London der kommunistischen Bewegung treu. Zwar hielten ihn in der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) viele für „gefährlich“, doch gab es zugleich tausende von GenossInnen, die Artur London, der einer der historischen Chefs der Résistance gewesen war, rückhaltlos unterstützten. Erst der sowjetische Einmarsch in Afghanistan bewog die Londons zum Parteiaustritt. Doch in Totalopposition zur KPF gingen sie trotzdem nicht.
„Ich bin stolz auf die Geschichte der kommunistischen Bewegung“, sagt Lise London, deren Mann 1986 verstarb, heute. „Die Bilanz unserer Kämpfe für den Frieden, für die menschliche Würde, für die soziale Gerechtigkeit und gegen den Rassismus, den Kolonialismus und den Faschismus, all das ehrt uns.“
Dass der Parteichef Robert Hue es geschafft hat, die parteiintern und -extern beliebte Lise London rechtzeitig zu seinem Mutationskongress zuzurückzuholen, gehört zu seinen großen Erfolgen. DOROTHEA HAHN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen