: Eine Chance für den Rock
■ Traditionsbewußte Bands begehren auf: „Musicians against Tekkno“ gegründet
Osnabrück. Jetzt regt sich Widerstand gegen den Tekkno-Kommerzrummel auch unter Musikerinnen und Musikern: Das große Geschäft mit Tekkno wird seit neuestem auch von der eher traditionellen Rockzene angprangert. Hintergrund: Die Verkaufszahlen von Tekkno-CDs schnellen in die Höhe; die Hits der Kids kommen von Marusha, Westbam oder DJ Bobo. Bei dieser Musik sind nicht mehr bekanntlich nicht mehr die üblichen Rock-Instrumente und geschulte Stimmbänder gefragt. Der schnelle und monotone Tekkno-Rhythymus wird vor allem mit Hilfe von spezieller Computer-Software produziert.
Die Band „Heggen“ aus dem Städtchen Dissen bei Osnabrück hat die Initiative „Musicians against Tekkno“ ins Leben gerufen. Über 500 Anrufer aus ganz Deutschland haben sich bereits kurz nach Bekanntwerden der Kampagne mit den Jungmusikern solidarisch erklärt. „Wir fordern nicht die Abschaffung von Tekkno“, stellte der Sänger und Keyboarder der Band, Marco Heggen (24) klar. Die Initiative wolle vor allem zur Diskussion anregen und über die „Geschäftemacherei mit kommerziellem Tekkno“ aufklären.
Die meisten Jugendlichen, die sich Tekkno-CDs anhören und auf Ravepartys gehen, wüßten nicht, mit welchen einfachen Mitteln die Hits aus dem Computer zustande kämen. Heggen erläutert: „Eine Tekkno-CD kostet in der Herstellung nicht einmal ein Fünftel von einer herkömmlichen Rockscheibe. Trotzdem muß dafür jedoch im Plattenladen der gleiche Preis gezahlt werden“.
Doch nicht nur die Machart der Tekknostücke regt die drei Musiker der Band auf. „Hinter der Bewegung stehen weder Inhalte noch Persönlichkeiten“, meint Jens Ahring (23). Es gehe allein um „Party-Machen“ und „Abtanzen“ und das sei, meint der Schlagzeuger, ein bißchen wenig. Im Gegensatz zu der kommerziellen Tekknowelle finden die Dissener dagegen den „Ur-Tekkno“ mit komplizierten Rhythmen, den es bereits seit rund zehn Jahren geben, in Ordnung.
Den Gründervätern der Tekknobewegung ist nach Ansicht von Ahring mittlerweile das gleiche Schicksal beschieden, wie „herkömmlichen“ Rockmusikern auch: „Wir werden von den Kommerzerfolgen der Tekknostars an die Wand gedrückt.“
Mehr noch: Viele Musikclubs, so klagen die Rock-Aktivisten, seien an den Auftritten von Rockbands nicht mehr interessiert. „Kein Wunder. Es ist ja auch viel billiger, ein paar Tekkno-CDs aufzulegen und dafür noch horrende Eintrittsgelder zu kassieren.“
Die Musiker von „Heggen“ haben mit ihrer Initiative mittlerweile Kontakte zu anderen Rockbands geknüpft. Gemeinsam wollen sie nun „Pro-Live-Festivals“ organisieren, damit die erlernte und handgemachte Livemusik wieder eine Chance bekommt.
Die Tekknoszene steht den Angriffen der Rockmusiker relativ gelassen gegenüber: „Ich halte überhaupt nichts davon, Musik reglementieren zu wollen“, sagt Dirk Lunkenheimer. Er ist Manager der Berliner Produktions- und Veranstaltungsfirma „Mayday“, bei der zahlreiche Stars der Tekknoszene unter Vertrag sind.
Die Initiative der Band „Heggen“ nennt er einen „wirklich lächerlichen Versuch einer anscheinend erfolgslosen Rockkapelle, auf sich aufmerksam zu machen“. Über den angeblich fehlenden Anspruch von Tekkno schüttelt Lunkenheimer nur den Kopf: „Die Qualität einer Musik wird doch nicht durch Doktortitel der Musiker bestimmt.“ dpa
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