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■ Nebensachen aus RomEin kleiner Halbtagsjob im Stall mit bösen Folgen

Bruno Voltan, Bauernsohn und LKW-Fahrer, hatte eine Idee: Nachdem er seine Stelle verloren hat, könnte ihn doch unser Reitverein, den meine Frau leitet, anstellen. Nur für zwanzig Stunden wöchentlich, das läßt Beitragszahlungen für die Kranken- und Rentenkasse zu, gleichzeitig gilt er noch als Arbeitsuchender und kann nach zwei Jahren eine Sonderförderung beantragen.

Natürlich läßt sich das machen: Bruno wird also Teilzeitkraft im gemeinnützigen Verein „Il Sisto“. Den Tag, an dem wir uns dazu entschlossen, verfluchen wir noch heute. Von da an setzte sich nämlich die Bürokratie in Betrieb, und mittlerweile verstehen wir, warum mehr als ein Drittel aller italienischen Arbeiten schwarz erledigt werden. Bruno wird in diverse Versicherungen eingeschrieben. Die Abgaben werden monatlich gezahlt – doch das geht nicht per Abbuchung, da muß man zur kommunalen Steuereinzugsstelle hin und lange Schlangen im Postamt ertragen.

Dann die erste Überraschung: Die Rentenkasse fragt: Wenn der Club einen Arbeiter anstellt, so muß doch jemand da sein, der den kommandiert? Natürlich, Frau Raith. Aha: Dann muß aber auch die voll angestellt und versichert sein. Umsonst der Einwand, daß wir in die gesetzliche Krankenkasse in Deutschland einzahlen und daß Zahlungen für die Rentenkassen unnütz sind, weil man in Italien mindestens 35 Beitragsjahre braucht und Frau Raith die frühestens mit 79 Jahren erreichen würde.

Dann meldet sich die Gewerbeaufsicht: Der Club müsse Mitglied in diversen Berufsgenossenschaften sein. Es stellt sich heraus, daß der Bauernverband, ein nationaler Sportverband und auch der Schausteller- und Zirkusverband ein Recht haben, uns als Mitglieder zu rekrutieren: Kosten jeweils umgerechnet 700 bis 800 Mark. Brunos Arbeitsheft muß zudem Angaben darüber enthalten, wie viele Tiere er versorgt (25 mindestens, sonst ist es nichts mit der Halbtagsarbeit) – doch für 25 Pferde, die wir gar nicht besitzen, verlangt die Gemeinde mindesten drei Hektar Grund, von denen der Club nur eineinhalb ausweisen kann.

Vier Monate nach seiner Anstellung druckst Bruno herum: Er habe jetzt wieder eine Anstellung als Lastwagenfahrer... Nun muß „liquidiert“ werden. Bruno kriegt, so will es das Gesetz, zum Abschied einen Viermonatsanteil auf ein dreizehntes und vierzehntes Monatsgehalt – einen guten Tausender also. Auch in die Kranken-, Invaliden- und Rentenkasse sind wiederum ansehnliche Beträge als „Abschlußzahlung“ einzugeben.

Diese Woche nun kam das dickste Ende ins Haus geflattert. Das Finanzamt möchte nämlich wissen, woher das Geld des Clubs für Bruno kommt – tatsächlich wurden die realen Einnahmen aufgrund der unvorhersehbar großen Verpflichtungen mit Brunos Anstellung weit übertroffen. Das Geld dafür haben wir selbst bezahlt – und das muß nun als Schenkung an den Verein versteuert werden. Der Rat des Steuerberaters: „Löst den ganzen Verein auf und gründet einen neuen. Wenn ihr Glück habt, vergessen die euch nach ein paar Jahren.“ Werner Raith

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