NACHRUF: Ein intellektueller Macher
■ Nordrhein-Westfalens Alt-Ministerpräsident Heinz Kühn ist tot
Als das deutsche Volk Adolf Hitler zujubelte, nannte sich Heinz Kühn Josef Swoboda. Zwölf Jahre versuchte die Gestapo vergeblich, ihn zu fassen. In Prag, Brüssel und Genf schlug sich der 1912 in Köln geborene Sozialdemokrat bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges durch. Seine ersten politischen Kontakte knüpfte der kölsche Jung' zur katholischen Jugendbewegung. Mit 16 schloß er sich der sozialistischen Jugendorganisation „die Falken“ an. 1930 trat er der SPD bei.
1945 kehrte Kühn als Linkssozialdemokrat nach Deutschland zurück. Danach ging sein Jugendtraum in Erfüllung: Er wurde Chefredakteur der 1842 von Karl Marx gegründeten 'Rheinischen Zeitung‘. Doch der Journalismus blieb für den Intellektuellen und Internationalisten nur ein kurzes Zwischenspiel. Von 1948 bis 1954 und von 1962 bis 1978 gehörte Kühn dem Düsseldorfer Landtag an. Die Parteiführung wollte es so, weil sie einem anderen die Ablösung des in Düsseldorf regierenden CDU-Ministerpräsidenten Franz Meyers nicht zutraute. Mit Kühn legten die Sozis bei zwei Landtagswahlen kräftig zu. Am 8. Dezember 1966 wurde Heinz Kühn mit den Stimmen der FDP zum Ministerpräsidenten gewählt. Ein Regierungsmodell, das drei Jahre später auch in Bonn die CDU auf die Oppositionsbänke verwies. Eigentlich wollte Kühn bis 1980 Ministerpräsident bleiben, doch aus gesundheitlichen Gründen trat er schon 1978 zurück.
Schon kurz nach seiner Regierungsübernahme blies ihm während der Kohlekrise der politische Gegenwind scharf ins Gesicht. „Kühn und Schiller — Zechenkiller“, skandierten die Bergleute im Revier. Mit diversen Prgrammen suchte seine Regierung in der Folgezeit den unvermeidbaren Strukturwandel zu fördern. Kühn stellte sich auf zahlreichen Versammlungen den Bergleuten — und gewann Vertrauen zurück. W. Jakobs, Bochum
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