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Ein hübscher Flop für die DVU

Statt 8.000 nur 2.500 TeilnehmerInnen am bundesweiten DVU-Aktionstreffen in Passau / Mußgnug und Frey ließen Sprüche los, wie sie selbst Passau nicht gewohnt war / Polizei sieht nur einen Schuldigen: die taz  ■  Aus Passau Petra Holstein

Nur etwa 2.500 Anhänger der Deutschen Volksunion (DVU) versammelten sich am Samstag zum bundesweiten Aktionstreffen in der Nibelungenhalle von Passau - statt 8.000, wie die Partei seit Monaten angekündigt hatte. Stundenlang harrten einige hundert DemonstrantInnen vor der Halle aus.

Die Enttäuschung kompensierten NPD-Führer Martin Mußgnug und DVU-Chef Gerhard Frey mit bislang in Passau nicht vernommenen extremistischen Sprüchen. Ausländerfeindlichkeit, Verherrlichung des Zweiten Weltkriegs und Nationalismus waren die zentralen Themen. Mußgnug: „Im Märchen hatte Ali Baba nur mit 40 Räubern zu tun. Heute kommt Ali Baba nicht nur mit 40 Kindern, sondern auch mit 40 Rauschgifthändlern.“ Die Menge rast. Junge Kerle - auffallend viele Menschen unter 40 kamen nach Passau springen auf die Bänke, schwenken die Reichskriegsfahne und skandieren „Deutschland, Deutschland!“ Funkelnde Augen, hochgestreckte Fäuste oder der verfremdete Hitler-Gruß bei Freys Worten: „Die deutsche Wehrmacht war die ruhmreichste und tapferste Truppe, die die Weltgeschichte je gesehen hat und je sehen wird. Wir lassen unsere Väter und Großväter nicht in den Dreck ziehen.“ Dort plaziert Frey die DemonstrantInnen: „Der letzte Dreck unseres Volkes.“ Nur mit Mühe gelingt es den Ordnern, die aufgepeitschten Männer vom Sturm nach draußen, gegen die „roten Schweine“ und „Schwerverbrecher“ abzuhalten.

Mit sichtlichem Bedauern registrieren die Neonazis, daß Delegationen aus Österreich und Südtirol dieses Jahr nicht erschienen sind. Einig sind sich alle Redner in ihrem „Glauben“ an ein großdeutsches Reich - von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt.

Auf die Frage der taz, ob die Behörden den Verdacht der Volksverhetzung prüfen, antwortet später ein Polizeisprecher: „Der leitende Oberstaatsanwalt ist im Saal.“ Aber bereits im letzten Jahr blieb der Hitler-Gruß strafrechtlich folgenlos, berichtet ein damaliger Augenzeuge. Die Polizei äußerte sich am Samstag „mehr als zufrieden“: 18 Freiheitsentziehungen“, darunter fünf Personen aus dem DVU-Spektrum. Noch nie habe man in Passau „so eine kritische Einsatzsituation erlebt“. Einer Radikalisierung drinnen habe der gleiche Prozeß draußen entsprochen. Wie das? 700 bis 1.000 Menschen protestierten unvermummt und ohne einen Stein. Nach Ansicht der Polizei habe besonders die taz „zu strafbaren Handlungen aufgerufen“ - mit einem Bericht über die Vorbereitungen der DVU -GegnerInnen. Auf die Frage der taz, warum dann die Bayern -Regierung nicht gegen die Zeitung vorgehe, korrigierte der Polizeioberrat seine Bemerkung: „Es gibt da so eine Grauzone.“

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