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Archiv-Artikel

Ein glaubhafter Abgeordneter

betr.: „Schulz draußen“, taz vom 20. 9. 05

Werner Schulz hat einen deutlichen Kontrast zum gelebten Werteverfall in der Politik und zur gegenseitigen Beschädigung der beteiligten Verfassungsorgane geboten. Vertrauen hat keine Bedeutung mehr, sondern ist als leere Floskel zum Mittel zum Zweck verkommen. Horst Köhler nickt die – weder an Fakten noch in Bezug zum Grundgesetz stichhaltige – Begründung des Kanzlers ab, ebenso das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Beide haben viel an Glaubwürdigkeit und Autorität verspielt, indem sie sich selbst zu Figuren in einem Marionettentheater degradiert haben. Beim BVerfG war man sich nicht zu schade, Herrn Schulz eine „zu naive Sicht“ zu unterstellen. Dabei ist es gerade diese Sicht, die Not tut, dass „Vertrauen“ eben Vertrauen im Wortsinn bedeutet und nicht der Beliebigkeit des Machtkalküls preisgegeben ist. Dies gilt auch für andere Begriffe.

 Mit Werner Schulz verlässt also einer der glaubhaftesten Abgeordneten den Deutschen Bundestag. Ein Armutszeugnis für die Bündnisgrünen, die ihm keinen Listenplatz zur Verfügung gestellt haben. Da braucht niemand über Politikverdrossenheit Krokodilstränen zu vergießen, die ist nämlich hausgemacht.

FRANCISCO HASSELBACH, Gießen