Volksbegehren : Ein Tusch auf die SPD
Was hat die SPD-Fraktion vor einigen Wochen noch gemauert! Von Querulanten sprach sie, die beim Zustandekommen des Volksbegehrens jede Entscheidung des Abgeordnetenhauses torpedieren könnten. Von erhöhtem Risiko war die Rede. Acht Monate vor den Abgeordnetenhauswahlen zeigt sich die SPD plötzlich von ihrer milden Seite und gibt dem originären Anliegen der Linkspartei nach. Ein geschickter Schachzug, der bis zum Wahlsonntag am 17. September den Vorsprung beider Senatsparteien weiter festigen soll.
Kommentar von FELIX LEE
Sicherlich ist es für beide Koalitionspartner geschickt, die Lorbeeren an jenem Tag zu ernten, an dem auch über sie entschieden wird. Läuft alles nach Plan, sollen die BürgerInnen am Tag der Abgeordnetenhauswahlen über das Volksbegehren abstimmen.
Die SPD wäre aber auch ohne Wahlkampf gut beraten, auf der Erfolgswelle der Bürgerbegehren mitzureiten. Selbst die größten Befürworter haben nicht damit gerechnet, dass sich ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der Bürgerbegehren auf Bezirksebene so viele Initiativen dieses Instruments bedienen werden. Und die Berliner BürgerInnen sympathisieren außerordentlich mit dieser Form der Politik von unten.
Aus parteistrategischer Sicht spricht also einiges für das Volksbegehren. Der plötzliche Meinungswechsel ist der SPD auch moralisch hoch anzurechnen. Mit diesem Schritt hat sie sich als lernfähig erwiesen. Das sind nicht nur gute Voraussetzungen für eine zweite rot-rote Legislaturperiode, sondern für Demokratiefähigkeit im Allgemeinen.
Ob der 17. September in Berlin spannend wird? Nicht wirklich. Die rot-rote Mehrheit steht. Und dem Volksbegehren wird sich auch keine Mehrheit entgegenstellen.