: Ein Sender ohne Welle
■ Freies Sender-Kombinat wartet auf Frequenz / Studio ist schon da
Das Studio ist schon da. Schneidetische, Mikrophonanlage, zwei CD-Player sowie jede Menge andere bunt-blinkende Audiotechnik zum Gesamtpreis von 70.000 Märkern sind seit gestern zum Gebrauch freigegeben. Doch zwei Dinge fehlen den neun Radio-Gruppen, die sich zum Freien Sender-Kombinat 104 (FSK) zusammengeschlossen und in der Stresemannstraße 23c ihr Heim gefunden haben, noch zum Glück: eine Radio-Frequenz für ihren Sender und Geld für dessen laufenden Betrieb.
Noch teilen sich die im FSK zusammengeschlossenen Stadtteilradios aus Winterhude, Altona, Hamm, Wilhelmsburg und Bergedorf, das Uni-Radio und Radio Loretta, der Frauensender St. Paula und der schwule Pink Channel wöchentlich sieben Stunden im Offenen Kanal. Doch die eigene Frequenz ist immerhin in begrenzter Reichweite. Die „großzügige Finanzspritze der Hamburger Medienstiftung“, die das neue Radiostudio bezahlte, wertet Marcel Stötzler von FSK 104 als „positives Signal“. Und in dem Entwurf zu einem neuen Hamburgischen Mediengesetz, der seit Monaten in den Behördenschubladen schlummert, steht geschrieben, daß es in Zukunft ein nicht-kommerzielles Radio in Hamburg geben soll.
Das allerdings soll laut Gesetzentwurf nur von gut einem Drittel der Hamburger zu empfangen sein. Besonders Senatskanzlei-Chef Thomas Mirow, für Medienpolitik in Hamburg zuständig, will die Reichweite auf einen Radius von 12 Kilometern begrenzen, damit den privaten Kommerzradios nicht allzu viel Konkurrenz erwächst.
Für Marcel Stötzler eine „gegenstandslose Befürchtung“, da sich FSK 104 „kein normaler Mensch den ganzen Tag anhören wird“. Anders als die privaten Dudelsender sind die FSK-Sendungen stark zielgruppen- oder stadtteilorientiert, auch besitzt das Programm keine durchgehende Musikfarbe. Stötzler: „Es kann nicht angehen, daß die Programmanteile vom Radio Bergedorf südlich der Elbe nicht mehr empfangen werden können“. Die Reichweitenbegrenzung stellt auch die Finanzierung des Radios in Frage. Denn das Radio-Kombinat braucht rund 3000 Fördermitglieder, die durch Spenden von jeweils fünf bis zehn Mark den laufenden Betrieb finanzieren. Bleibt die Ausstrahlung des Programms auf wenige City-Stadtteile begrenzt, dürfte diese Zahl kaum zu erreichen und der werbungsfreie Sender nicht finanzierbar sein.
Es sei denn, Hamburg eifert Bundesländern wie Bayern nach und finanziert das ehrenamtlich betriebene low-budget-Radio aus den Rundfunkgebühren. Marcel Stötzler: „Wir würden nicht mal die Portokasse des NDR verbrauchen“. Daß auch ein Obulus aus den Rippen der privaten Kommerz-Sender eine Finanzierungs-Alternative sein könnte, verrät ein Blick über die niedersächsische Landesgrenze, wo Anfang Oktober ein neues Landesmediengesetz verabschiedet wurde.
Danach sollen die Kommerzradios drei Prozent ihrer Werbeeinnahmen abgeben, um daraus den Betrieb der Freien Radios zu finanzieren. Für Marcel Stötzler ist dieses Modell, gegen das die Sender „Radio ffn“ und „Antenne“ inzwischen Verfassungsklage eingelegt haben, wegweisend: „So etwas sollte auch ins neue Hamburger Mediengesetz“. Marco Carini/
Robin Meyer-Lucht
FSK 104, Tel.: 434383
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