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„Ein Runder Tisch für den Kongo“

■ Kengo wa Dondo war 1994 bis 1997 Premierminister im früheren Zaire unter Mobutu. Heute will er im Kongo einen politischen Dialog initiieren

taz: Kongos Präsident Kabila hält sich mit Angolas und Simbabwes militärischer Hilfe an der Macht und geht aus der Krise möglicherweise gestärkt hervor. Wie reagieren Sie darauf?

Kengo wa Dondo: Es ist schwer, heute zu sagen, wer die Oberhand behalten wird. Ich denke, daß das Problem auf keinen Fall militärisch gelöst werden kann, weil es ein politisches Problem ist.

Wie sollte eine politische Lösung aussehen?

Der Grund für die jetzige Lage ist, daß Kabila die Macht an sich gerissen hat. Er hat die Parteien suspendiert, die Presse geknebelt, man spricht von Nepotismus und Korruption. Das Maß ist voll. Es muß ein Runder Tisch einberufen werden, der alle politischen Vertreter, regierungsunabhängige Organisationen und die Zivilgesellschaft vereint, um einen neuen Übergang zur Demokratie auszuarbeiten. Es ist wichtig, so bald wie möglich Wahlen abzuhalten, damit das Land stabile Institutionen und von den Wählern anerkannte Führer bekommt.

Wer soll so einen Runden Tisch einberufen?

Erst mal muß Kabila sich dazu bereit erklären, den Runden Tisch einzuberufen. Dann muß er unter Schirmherrschaft von UNO und OAU stattfinden.

Bis jetzt aber herrscht die Logik des Krieges.

Es liegt an den Leuten vor Ort, meinen Vorschlag aufzugreifen. Die Rebellen haben sich schon zu Verhandlungen bereit erklärt. Jetzt muß Kabila auch ja sagen.

Das ähnelt stark dem Programm der Rebellen. Teilen Sie deren Ziele, und finden Sie ihr Handeln richtig?

Ich teile Logik und politischen Realismus. Was ich hier sage, entspricht einer Erklärung verschiedener Kongolesen in Belgien und Frankreich, für die ich eine Art Sprecher bin. Wenn die Rebellion derselben Meinung ist – schön, das zeigt, daß die Denkweisen sich annähern.

Stimmt es, daß Sie an der Planung der Rebellion beteiligt waren?

Nein. Ich dementiere das kategorisch. Wenn ich beteiligt wäre, dann wäre ich da unten und nicht hier.

Ist das Problem nicht viel mehr als ein rein kongolesisches Problem? Es betrifft alle Staaten im Afrika der Großen Seen.

Ja. Es gibt Grenzprobleme, die auf dem Runden Tisch behandelt werden müssen.

Sollen die Nachbarstaaten also in den Runden Tisch mit einbezogen werden?

Nein. Erst einmal muß eine legitimierte Übergangsmacht geschaffen werden. Die kann dann mit den Nachbarn diskutieren, um ihnen Sicherheit zu geben, so daß diese Nachbarn auch Zaire Sicherheit geben.

Manche Leute sagen, es muß auch in Ruanda politische Veränderungen geben, damit die Probleme Ruandas nicht mehr auf kongolesischem Boden ausgefochten werden.

Ruanda ist ein souveräner Staat. Bloß weil heute die Nachbarn sich in den Kongo einmischen, sollten die Kongolesen nicht dasselbe tun.

Die Regierung Kabila greift in diesem Zusammenhang zu extremer Propaganda gegen Ruander und insbesondere gegen Tutsi.

Man versucht, vom Problem abzulenken und das Volk zum Haß zu treiben. Ich verurteile das. Bloß weil ein Land im anderen eingreift, dürfen die aus diesem Land kommenden Menschen bei uns nicht ihrer Grundrechte beraubt werden. Heute greift man die Ruander an – werden es morgen die Angolaner sein? Davon gibt es bei uns auch viele! Und es gibt auch viele Kongolesen im Ausland. Was ist, wenn jeder sie jetzt auch schlecht behandelt?

Ruandas Regierung hat gesagt, sie behält sich vor, im Kongo einzugreifen, um die Tutsi zu schützen. Finden Sie das richtig?

Welche Regierung würde nicht eingreifen, wenn ein Volk in höchster Gefahr ist? Aber Ruanda ist ohnehin schon am Krieg beteiligt, oder? Interview: Dominic Johnson

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