piwik no script img

Ein Rotdorn für Riga

■ Bremer Delegation handelte Programm für das kommende Partner-Jahr aus / Kloschüsseln gegen Frischfisch?

Einen Rotdorn pflanzte Bremens Bürgermeister Klaus Wedemeier im neu entstehenden „Freundschaftspark“ in der lettischen Hauptstadt Riga. Je 2 Experten sollen 1989 Erfahrungen in „Städtebau und Rekonstruktion“ wechselseitig studieren, 8 Lehrer und Schüler werden ausgetauscht, ein Chor, ein Organist, ein Tanzpaar und zwei Sportler dürfen hinfahren in unsere sowjetische Partnerstadt, und abgesehen von Kinderzeichnungen ist beim Rück-Programm peinlich auf Äquivalenz geachtet worden.

Erst müsse die „Perestroika Wirklichkeit werden“ in der lettischen Republik, meinte Wedemeier bei der Vorstellung des Austausch-Programms, bis die wirtschaftlichen Kontakte größere Chancen hätten. Immerhin prüft eine private Fluggesellschaft, ob im Jahre 1989 vier Charter-Flüge Bremen -Riga eingeplant werden können - dies würde mehr Personen als die kleinen Delegationen anregen, die Partnerstadt mit eigenen Augen kennenzulernen.

Der frühere Wirtschaftssenator Lenz hatte bei seiner Rück

kehr aus Riga von Touristen Strömen geträumt, die dorthin geleitet werden könnten davon wollte Wedemeier jetzt nichts mehr wissen. Auch das Geschäft „Kloschüsseln gegen Frischfisch“ werde im Auftrage Bremens erst noch gutachterlich untersucht: Riga wolle nämlich eine ganze Fabrik für Sanitär-Keramik geliefert bekommen, nicht nur die fertigen Produkte, und damit kann der Zweistädtestaat aus eigenem Know-how nicht dienen.

Zu den Problemen des lokalen Austausches hatte Wedemeier eine Geschichte parat: Zwei vollbeladene Fischdampfer hätten in Bremerhaven angelegt, das Geschäft sei perfekt gewesen bis im letzten Moment aus Moskau neue, höhere Preise diktiert wurden. Die Bremerhavener Partner ließen die lettischen Freunde samt Fischdampfer auslaufen - bis Riga könnten sie mit dem toten Fisch nicht gekommen sein, schätzte Wedemeier.

Auch hier aber verspricht das Moskauer Fremdwort „Perestroika“ mehr regionale Autonomie und also Chancen für Handel und Wandel.

K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen