: Ein Platz für Sterbende
■ Pro Senectute und Bremer Heimstiftung bauen erstes Bremer Hospiz
Sterben und Tod sind noch immer ein Tabu in der leistungsorientierten Gesellschaft. Verwandte und FreundInnen von Sterbenden haben keine Zeit oder sind mit dem Sterben eines geliebten Menschen überfordert. PflegerInnen in Krankenhäusern und Altenheimen können in der alltäglichen Hektik nicht genügend Muße aufbringen für totkranke PatientInnen.
Seit acht Jahren kümmern sich ehrenamtliche SterbebegleiterInnen von Pro Senectute – Gesellschaft für würdiges Leben und Sterben im Alter um sterbende Menschen in Bremen. Um Sterbenden auch räumlich einen würdigen Tod zu ermöglichen, baut Pro Senectute mit der Bremer Heimstiftung das erste Bremer Hospiz. Ab Mai nächsten Jahres soll es fertig sein, und zehn Totgeweihten einen Raum für die letzten Wochen, Tage oder Stunden bieten.
„Dort entscheiden nur unsere BesucherInnen“, sagt Rosemarie Holm, Pflegedienstleiterin der Frauenklinik St. Jürgen und Vorstandsvorsitzende von Pro Senectute. Den Ausdruck PatientInnen mag Holm nicht, schließlich würden die Menschen im Hospiz nicht therapiert oder behandelt.
Die Hospiz-BewohnerInnen werden die 30 Quadratmeter großen Appartments selbst einrichten können. „Meistens handelt es sich aber nur um kleine Dinge, die den Menschen in der letzten Zeit wichtig sind“, sagt Holm. Fotos, der Lieblingssessel, Bilder, kleine Gegenstände oder Schmuck. Auch Haustiere dürfen die Sterbenden bei sich haben, FreundInnen und Verwandte sollen jederzeit in das Haus kommen können. Das Hospiz soll ein Zuhause ersetzen. Auch die ehrenamtlichen Hospizhelferinnen (immer noch zu 99 Prozent Frauen) werden die Menschen weiter besuchen, sich mit ihnen unterhalten, und versuchen den Totgeweihten die letzten Tage seelisch und handfest zur Seite zu stehen.
Rund zehn Krankenschwestern werden sich um die Menschen im Hospiz kümmern. Pro Senectute will in den Bewerbungsgesprächen besonders darauf achten, ob die PflegerInnen mit dem Tod psychisch umgehen können. „Es gibt viele Krankenschwestern, die dem nicht gewachsen sind“, sagt Holm aus ihrer Arbeit in der St. Jürgen Klinik, die würden im Krankenhaus zusammenklappen. Die ärztliche Betreuung sollen die Vertrauensärzte der Hospiz-BewohnerInnen übernehmen. Auch hier sei es wichtig, daß die Menschen sich aufgehoben und nicht bevormundet fühlen.
Gebaut wird das Hospiz in einer Altenwohnanlage der Bremer Heimstiftung in Osterholz. Rund 270 Menschen sollen dort einmal leben, in Appartments und einem Wohnheim. Die Bremer Heimstiftung will dort versuchen, alte und junge Menschen unter einem Dach unterzubringen. Vorgesehen sind daher fünf Wohnungen für Familien mit Kindern. Für die wird das nahe Zusammenleben mit pflegebedürftigen Agehörigen durch die Pflegeversicherung finanziell interessant. Mitten im Leben der Alten und Jungen soll das Hospiz stehen. Pro Senectute und die Bremer Heimstiftung, die eigens für dieses Projekt die „Pro Senectute Hospiz gemeinnützige GmbH“ gegründet haben, befürchten keine Probleme zwischen den unterschiedlichen BewohnerInnen der Anlage. ufo
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