Das Portrait: Ein Orden für einen Homobürgerrechtler
■ Eduard Stapel
Die Zeremonie genoß er sehr. „War ja wirklich schön feierlich“, sagt Eduard Stapel. Aus der Hand des sächsischen Sozialministers Hans Geisler und im Namen von Bundespräsident Roman Herzog bekam er verdienten Lohn in Form der „Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ vorgestern in Dresden verliehen. Eine außergewöhnliche Ehrung für einen früheren Bürger der DDR, denn Stapel bekam den „Preis“, wie er sagt, für seine Arbeit in der schwulen Bürgerrechtsbewegung – was auch Geisler als Laudator nicht verschwieg. Im Gegenteil.
Berichtet wurde über den gelernten Journalisten und studierten Theologen ausführlich: daß er 1982 den Leipziger Arbeitskreis Homosexualität mitbegründete, 1985 in der Stadtmission Magdeburg mit schwulem Aufgabenbereich angestellt wurde und von dort erfolgreich eine Infrastruktur homosexuellen Lifestyles à la DDR aufbaute. Der Staatssicherheit war derlei Engagement, das an der SED völlig vorbeiging, natürlich suspekt. Gut 200 IMs berichteten der Informationsbehörde regelmäßig über die Umtriebe dieses schmächtigen, vollständig unglamourösen „Eddie“ Stapel.
1989 war das Neue Forum sein Projekt, um die DDR zu renovieren; ein Jahr darauf wechselte er seinen politischen Schwerpunkt, indem er den „Schwulenverband Deutschlands“ (SVD) mitgründete und von dort aus versuchte, auch in der Bundesrepublik das liberale DDR-Recht (kein Paragraph 175) durchzusetzen. Stapel gehört heute noch zu deren Sprechern. Momentan arbeitet er auf ABM-Basis in der Leipziger Forschungsstelle der Gesellschaft für Sexualwissenschaft. Dort grübelt er darüber, wie „man die Schwulenbewegung in Gange hält“.
Der Geehrte ist ein strikter Verfechter der Homoehe, hält nichts von kleinlauter Lobbyarbeit und meint, daß ein Antidiskriminierungsgesetz für Homosexuelle so überfällig ist wie sonst gar nichts: „Die Defizite schreien zum Himmel.“ Nicht ohne Stolz merkt er an, daß der inzwischen getilgte Paragraph 175 ein Zugeständnis an diese Errungenschaft der DDR war: „Wir waren nicht so hinter dem Mond, wie viele Leute aus dem Westen immer sagten.“ Daß er der erste schwule Mann ist, dem diese Auszeichnung wegen seiner politischen Homoarbeit zuteil wurde, „hat mich sehr gefreut“. JaF
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