: Ein Gläschen unter Feinden
Am Wochenende trafen sich Grüne und Atombosse zum Sondierungsgespräch. Nach Gezeter der Manager im Vorfeld loben nun alle die „konstruktive Atmosphäre“ ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – Da saßen sich nun die erbitterten Gegner im Atomstreit gegenüber, zwei grüne Bundesminister und vier Strombosse. Doch man weiß sich zu benehmen: „sehr konstruktiv“ sei die Atmosphäre gewesen, hieß es einvernehmlich nach dem Treffen am Freitagabend in Berlin. Umweltminister Jürgen Trittin und Vizekanzler Joschka Fischer hatten die Vorstandschefs der vier größten Atomstromkonzerne eingeladen: Ulrich Hartmann (Veba), Wilhelm Simson (Viag), Dietmar Kuhnt (RWE) und Gerhard Goll (EnBW). Letzterer hatte vergangenen Montag wegen einer Äußerung Trittins zum Strommarkt abgesagt, am Dienstag aber brav seine Absage wieder zurückgenommen.
Trittin nutzte am Freitag die Gelegenheit, seine Gesprächspartner zu loben und sich so als Mann des Ausgleichs zu präsentieren: Es habe „in vielen Bereichen konstruktive Ideen gegeben“ und man sei sich „ziemlich einig“ im Herbst ein Ergebnis erzielen zu wollen. Ohne Details zu nennen, behauptete Trittin, man sei einen Schritt weitergekommen.
Solche Sondierungsgespräche haben Tradition. Immer wieder trafen sich die Strombosse zu Einzelgesprächen vor allem mit dem Kanzler, aber auch mit Trittin. Im Januar legte Kanzler Gerhard Schröder (SPD) nach so einem Gespräch sogar Trittins Atomnovelle auf Eis, die er tags zuvor noch unterstützt hatte. Wirtschaftsminister Werner Müller hatte auch sein Einzelgespräch, in dem er im Juli den Konzernen 35 Jahre Laufzeit vorschlug. Außenminister Joschka Fischer schaltete sich erstmals im Juli ein.
Das Gespräch zwischen Grünen und Industrie vom Wochenende soll die nächste offizielle Energiekonsensrunde im Oktober vorbereiten. Am Freitag wurde vereinbart, sich dafür noch einmal zu treffen. Bis dahin sollen laut Trittin rechtliche Fragen geklärt werden. Für die grünen Minister geht es nun darum, denn Managern ein paar Zugeständnisse abzutrotzen.
Viel Verhandlungsmasse haben sie nicht: Mit der Atomnovelle wurden Trittin vom Kanzler fast alle Druckmittel aus der Hand geschlagen. Allein der Atomtransportstopp blieb übrig: Seitdem noch unter Trittins Amtsvorgängerin Angela Merkel bekannt wurde, dass viele Castoren radioaktiv verschmutzt fuhren, wurden die Transporte erst mal gestoppt. In den nächsten elf Monaten müssen bis zu sechs Atommeiler vom Netz gehen, falls die Betreiber das Verstrahlungsproblem nicht lösen. Es sei denn, Trittin drückt ein Auge zu. Auch liegt es in seiner Macht, die Genehmigung zu verschleppen. Zu weit kann er das aber nicht treiben: Da ist der Kanzler vor.
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