■ Oderberger Straße: Ein Dorf im Wandel
Schon zu DDR-Zeiten war die Oderberger Straße anders. Nicht nur wegen der Mauer auf der einen und der Verkehrssperre auf der anderen Seite. Noch bis 1989 verfolgte die SED das Ziel, die Straße abzureißen. Doch nicht der Mauerfall funkte den Machthabern dazwischen, sondern die Bewohner, die sich mit dem Hirschhof und zahlreichen anderen Projekten einen für DDR-Verhältnisse ungewöhnlichen Freiraum geschaffen hatten. Maßgeblichen Anteil daran hatte der Wohnbezirksausschuß (WBA) der Nationalen Front, der seit 1985 systematisch von Oppositionellen und Bürgerrechtlern unterwandert wurde.
Einige der Aktivisten sind noch immer aktiv, wie Matthias Klipp als Baustadtrat oder Bernd Holtfreter, den es nach jahrelanger Basisarbeit („Wir bleiben alle“) nun auf roten Socken in Amt und Würden, sprich: den Landtag, treibt. Andere sind nachgewachsen und organisieren alljährlich den Hirschhof-Sommer, die Kiez- Kantine, oder das Café Entweder Oder. Alle sind sich einig: „Die Straße ist ein Dorf.“ Es fragt sich nur, wie lange noch. Auch vor der Oderberger Straße macht der Vergnügungsboom nicht halt: Schon vor anderthalb Jahren mußte der einzige Konsum der Straße einer neuen Kneipe weichen.
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