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Archiv-Artikel

Ein Bett direkt am Klo

Neue Volte der Gesundheitsreform: Eine 61-jährige Frau mit Herzklappenfehler musste ihre erste Nacht im Krankenhaus „Links der Weser“ auf dem Flur verbringen. Solche Szenen dürften sich in Zukunft häufen: In Bremen werden weiter Betten abgebaut

„Mir war erst gar nicht klar, was ein Flurbett ist“, erzählt Arslan. Der Arzt erklärte es ihmSelbst Privatpatienten würden mittlerweile in Mehrbettzimmern untergebracht

taz ■ Ahmet Arslan hatte nicht mit Schwierigkeiten gerechnet. Zwar ging es seiner Mutter nicht gut – die 61-Jährige klagte gestern morgen über Schmerzen in der Brust und über Atemnot – aber Arslan dachte, wenn seine Mutter erst im Krankenhaus sei, werde alles gut. Doch nach der Ankunft im Krankenhaus „Links der Weser“ in Bremen-Kattenturm – die Klinik ist bekannt für seine Herzspezialisten – begann der Ärger erst.

Arslans Mutter leidet schon seit einiger Zeit an Herzrhythmusstörungen. Aus diesem Grund lag die 61-Jährige im vergangenen Winter schon einmal für eine Woche im „Links der Weser“. Die Ärzte stellten bei der Frau einen Herzklappenfehler fest. Eigentlich waren die Arslans mit der Behandlung sehr zufrieden. Deshalb fuhr der 27-Jährige gestern morgen auch nicht in die näher gelegene St.-Jürgen-Klinik, sondern, ohne lange zu überlegen, direkt nach Kattenturm.

Was er dort erlebte, konnte Arslan zunächst gar nicht glauben: Erst wartete er mit seiner kranken, schwer atmenden Mutter zwei Stunden in der Unfallaufnahme, dann – als die kranke Frau endlich an der Reihe war – eröffneten die Ärzte Mutter und Sohn, dass die akut Kranke ein „Flurbett“ bekommen werde. „Mir war erst gar nicht klar, was ein Flurbett ist“, erzählt Arslan. Der Arzt erklärte es ihm: Das bedeute, dass die herzkranke Frau vorerst auf dem Flur untergebracht werden müsse.

Ahmet Arslan protestierte zunächst und drohte, seine Mutter wieder mit nach Hause zu nehmen: „Doch das ging nicht. Die Ärzte sagten mir, sie sei zu krank und müsse behandelt werden.“

Es kam zum Streit. Das Krankenhauspersonal wollte den renitenten Sohn durch den Sicherheitsdienst hinauswerfen lassen. Erst ein anderer Arzt erklärte Arslan die Situation: Das Krankenhaus habe keine Betten mehr frei. Selbst Privatpatienten würden mittlerweile in Mehrbettzimmern untergebracht, die Kassenpatienten müssten dann im Notfall auf den Flur. Offenbar ist das kein Einzelfall in Bremen: Arslan telefonierte sich mit dem hilfsbereiten Arzt quer durch alle Bremer Krankenhäuser. St.-Jürgen-Klinik, Krankenhaus Ost, Diako und andere – niemand hatte Platz für Arslans herzkranke Mutter.

Am Ende blieb dem Sohn nicht anderes übrig als zuzusehen, wie seine Mutter auf dem Flur liegen blieb. „Immerhin war sie nicht allein“, sagt er sarkastisch. „Ein paar Meter weiter bei den Toiletten stand noch eine andere Patientin.“ Später seien mehr Kranke dazugekommen. Auf anderen Stationen habe es noch schlimmer ausgesehen. „Auch da liegen die Menschen reihenweise auf dem Flur rum.“ Arslan ist fassungslos: „Was hat eine Herzkranke auf dem Flur zu suchen?“

Damit nicht genug: Die Situation in den Bremer Krankenhäusern dürfte sich noch verschärfen. Der Krankenhausplan sehe einen Abbau weiterer Betten vor, bestätigt das Gesundheitsressort. Arslan kann das nicht verstehen: „Seit 40 Jahren lebt meine Mutter in Deutschland. 40 Jahre lang hat sie in die Krankenkasse einbezahlt. Jetzt ist sie einmal krank – und wird auf dem Flur abgestellt.“

Steffen Hudemann