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Ein Anbau für das "Museum der modernen Poesie"

■ Jeden ersten Dienstag im Monat eine Lyrik-Seite

„Poesie ist ein Prozeß. Kein Museum, auch kein imaginäres, kann ihn sistieren“, schrieb Hans Magnus Enzensberger in seiner bahnbrechenden Bestandsaufnahme der Poesie des 20.Jahrhunderts. Sein „Museum“ erschien 1960. Seither sind 30 Jahre vergangen, es sind wichtige Stimmen hinzugekommen. Es bedarf eines Anbaus.

Enzensberger schloß das „Museum der modernen Poesie“ mit dem Jahre 1945 ab: „Faschismus und Krieg, der Zerfall der Welt in feindselige Blöcke, die Rüstung zum Untergang: dies alles hat auch das Einverständnis der modernen Poesie tief erschüttert. Ihre Weltsprache zeigt seit 1945 Spuren der Erschöpfung, des Alterns.“ Enzensberger hat mit dieser Diagnose vorausgesehen, daß sich die Poesie zunehmend selbst bespricht, daß gute Poesie heute oft auch Selbstkritik unter Aufnahme aller vergangenen Poesie zu sein hat. Es gibt eine stärkere Hinwendung zu der Vergangenheit, die war, ehe die Moderne kam (die ja auch bereits Vergangenheit ist), Hinwendung also zu etwas, das man des Gelöschtwordenseins verdächtigt und das man aus seinem präsumptiven Grab wiederzuheben entschlossen ist. Neben dem neuen Kitsch, der schlechten Romantik gibt es aber auch eine wildere, komplexere Durchsichtigkeit in der Modellnahme, die durchaus zeitgenössisch ist. Und es gibt eine Poesie aus China, aus Japan, aus Afrika, für die unser Ohr vielleicht erst jetzt geschärft ist.

Die taz wird jeden ersten Dienstag im Monat eine Lyrikerin/ einen Lyriker präsentieren, vorgestellt und ausgewählt von Joachim Sartorius, 12 Autoren in einem Jahr, die zur Weltsprache der Poesie in den letzten 40 Jahren entscheidend beigetragen haben. Es ist ein Ergänzungsbau, in den der Leser eintreten soll. Den Anfang machen John Ashbery, Elizabeth Bishop und Guido Cerronetti. Am 13.November liest John Asbery im Literaturhaus in der Fasanenstraße, Berlin.

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