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Ein Abschied zum Abgewöhnen

■ Zum Saisonabschluß kassierte Aufsteiger Hertha BSC die dritte Niederlage in Folge – das Freibier floß dennoch reichlich

Am Ende blieben sich alle treu: die Herthaner, die pünktlich zum Abschluß der vorerst letzten Zweitligasaison eine 0:2-Niederlage gegen den KFC Uerdingen hinnehmen mußten, und auch zahlreiche Hertha-Fans, die pünktlich zum Abpfiff jener Zweitligasaison das Spielfeld stürmten und sich einige Scharmützel mit der Polizei und den Ordnern lieferten. Allein die Aussicht auf das Freibier auf dem Maifeld, wohin Hertha BSC zur Aufstiegsfeier eingeladen hatte, konnte die Gemüter beruhigen.

Zuvor hatten die Herthaner 90 Minuten lang unter Beweis stellen dürfen, wie langweilig und ermüdend Erfolg sein kann. Der Aufstieg allein, sagte ein etwa vierzigjähriger Hertha-Anhänger aus dem Block 1, bedeutet eben nicht in jedem Fall Erstklassigkeit. Recht hatte er. Über lange Strecken des Spiels war der KFC Uerdingen die bessere Mannschaft. Möglicherweise waren die Herthaner in Gedanken schon bei besagter Feier, im Urlaub, oder sie dachten mit Schrecken an die künftigen Gegner wie Bayern München oder Borussia Dortmund.

Nachdem Onderka bereits in der 24. Minute das 1:0 für die ehemalige Werkself geschossen hatte, blieb die Mehrzahl der 24.000 Zuschauer im Olympiastadion still. Von Aufstiegseuphorie fortan keine Spur. Nur ein paar unverbesserliche und trotzige Optimisten wagten Sprechchöre wie: „Nie mehr zweite Liga!“ oder „Hurra, hurra, Berlin ist wieder da!“

Ebenso unaufgeregt verlief die Aufstiegsfeier auf dem Maifeld, die bereits um 13 Uhr begonnen hatte und ebenso wie das Fußballgeschick der Herthaner als Ausdruck tiefster Provinzialität verstanden werden mußte. Dabei hatte unter anderem der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen das Team von Trainer Röber für den Aufstieg geehrt.

Als Star des Nachmittags präsentierte sich Altrocker Frank Zander mit seiner Band Flashback, der es sich nicht nehmen ließ, während der Halbzeitpause auf dem Rasen des Olympiastadions, die neue Hertha-Hymne vorzustellen. Die Mehrzahl der Fans ertrug allerdings die Aufstiegsfeier ebenso tapfer wie den Spielverlauf, dem der Uerdinger Müller in der 77. Minute mit dem 2:0 die Krönung aufsetzte. Zahlreiche Zuschauer mit den neugedruckten Hertha- T-Shirts („Aufstieg 97 – Ich war dabei“) verließen daraufhin das Stadionrund.

Wie bundesligatauglich die „neue Hertha“ tatsächlich ist, wird sich am 28. Juli beim Opel-Masters im Olympiastadion zeigen: Dann quälen nicht mehr die Spieler von KFC Uerdingen oder der Spielvereinigung Unterhachingen die Hertha-Bubis, sondern gestandene Vereine wie der AC Mailand, Paris St. Germain oder der FC Bayern München. Uwe Rada

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